19. Sonntag im Jahreskreis (B), 12. August 2018 – Es reicht!
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Es reicht. – Er sitzt in der Wüste, allein. Er ist das Opfer – und der Täter. Er hat 450 Priester umbringen lassen. Die Gegner seines Gottes sind seine Gegner. Jetzt wollen sie Elia töten. Er ist auf der Flucht. Der Moment kann für jeden kommen, auch für ein Land oder eine Epoche. Der Moment, wo Sie spüren: So geht es nicht weiter. Es reicht, es ist Zuviel. Es kippt. Ich gleite ins Dunkel, dorthin, wo alles gleich ist. „Nun ist es genug, Herr“, sagte der Prophet, „und er wünschte sich den Tod.“ Es braucht nur das richtige Maß an Erfolglosigkeit und Zweifel, Müdigkeit oder Anfeindungen, Erschöpfung, und wir sind so weit: Es geht nicht mehr. „Doch da rührte ihn ein Engel an: ‚Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für dich.‘“ Welcher Weg?! Elia will keine Wege mehr machen, er will da sitzen bleiben und darin verschwinden. Gott nimmt uns das Leben nicht, im Gegenteil. Und wir? Können wir uns das Leben nehmen? Wer garantiert, dass der Selbstmord wirklich funktioniert? Dass wirklich Schluss ist, wenn wir Schluss machen? Der Bestatter? Lachhaft. Was uns das Leben nimmt, ist die Zeit, Chemie und Physik, die Natur, die Freiheit, der Überdruss oder der Hass, nicht Gott. Gott hat uns das Leben gegeben und wird es nie mehr zurücknehmen. Gott korrigiert nicht. Er verwandelt. Das Leben wird uns verwandelt, nicht genommen (Präfation). Wir laufen aus der Spur, nicht Gott. Er wollte, dass wir leben und will es für alle Zeiten. Ewig. Weil Gott will, dass wir leben, gibt er uns Kraft. Weil er will, dass wir mehr leben, gibt er uns Engel und Gnaden, berührt uns, richtet uns auf, nährt uns, wendet uns um: Jetzt blickt Elia nach vorn. Er hat seine Erfahrungen, Erinnerungen und Wunden, für immer. Aber sein Blick geht nach vorn. Er hat Zukunft. Und Sie meinen immer noch, die Kirche, das sei vor allem Vergangenheit! Für was bekommen Sie die Eucharistie (die auch heißt „Wegzehrung“)? Für was empfangen Sie alle anderen Sakramente? Zum Spielen? Für die Vergangenheit? Hier geht es um Zukunft. Nicht um die Zukunft, von der Politiker reden oder Klimaforscher. Nicht um eine „bessere“ Zukunft. Es geht um Ihre Zukunft. Um das, was Sie wirklich sind, werden und bleiben. Ewig. „Und er wanderte 40 Tage und 40 Nächte bis zum Gottesberg.“ Elia ist wieder stark. Das hat Gott getan. Das tut Gott, auch gegen unseren Willen. Wir sagen: Es reicht. Gott antwortet: Weiter! Lebe! Bevor Sie aufbrechen, seien Sie sich im Klaren: Hier sind Sie an einem Wendepunkt. Von hier an gibt es keine Beweise; die Argumente werden dünn; die Erfahrung bleibt beim Einzelnen, sie ist nur selten vermittelbar. Schon gar nicht denen, die noch nie ähnliche gemacht haben oder denen, die Nein sagen, anstatt zu zweifeln. Die sagen: Nein, das gibt es alles nicht. Elia oder die Reden Jesu im Evangelium oder die Predigten der Priester: Das sind zunächst nur Geschichten, fromme Zusicherungen, wie sie die Priester leicht machen. „Jesus bietet uns Nahrung an: nicht für den Leib, sondern für die Seele. Er gibt unserem Leben Orientierung, eine Perspektive, die das, was wir selbst schaffen können, weit übersteigt.“ So ähnlich heißt es in den Internet-Kommentaren zu diesem Evangelium. Ohne Ihre Erfahrung bleibt das nur billiger Religionsquatsch. Bloße Affirmation. Sie stehen jetzt genau an der Stelle, an der auch die Juden standen, die fragten: „Wie kann er sagen: Ich bin vom Himmel herabgekommen“, dieser Zimmermann aus Nazareth? Ihre Frage ist mit keinem Argument zu beantworten. Das, um was es jetzt geht, analysiert sich nicht. Weiter kommen Sie nur mit einer Entscheidung. Sie trauen sich zu sagen: Ich vertraue. Ihm. Ich vertraue einem anderen. Dem Zeugen. Nur dann werden Sie die Erfahrungen machen, von denen das Evangelium spricht. Und auch das nur vielleicht, nicht immer. Die Kirche kann ihnen viel garantieren – Ratschläge, Traditionen, Hilfswerke… – , aber keine Erfahrungen. Jesus gibt mehr als eine „Perspektive“. Er ist nicht dazu gekommen, dass wir das Leben ein bisschen besser meistern und am Ende genauso blöde sterben wie die anderen. „Amen, ich sage euch: Wer glaubt, hat das ewige Leben. Ich bin das Brot des Lebens.“ Elia im Alten Testament hat nur eine neue Zukunft, der Getaufte hat eine neue Wirklichkeit. Der Getaufte, der nicht Beobachter bleibt, zeit seines Lebens, sondern sich einlässt. Ja, man kann sich einlassen auf etwas Unsichtbares, etwas Un-Sicheres, man kann berühren, man kann sogar festhalten, auch im Dunkel, mit einer Hand. Elia dort unter seinem Strauch ist der Mensch, der wegtreibt. „Es reicht“ bedeutet: Ich gebe auf, ich lasse mich forttreiben, egal von welchen Kräften, blinden, bösen, guten, egal. Es reicht. Der Gläubige ist der, der ins Weite geht. Der sich nach den Sternen sehnt, der in den Himmel fällt, wie man sich in die Wellen wirft, mutig, jubelnd, wie ein Kind. Der Gläubige ist der, der Halt hat und keinen Boden braucht. Der Gläubige hat Halt in der eigenen Seele. Manchmal nur noch dort. Weil dort Christus ist, durch die Eucharistie und den Glauben. Christus, das Brot des Lebens. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.