Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest der hl. Agatha, 5. Februar 2018

05/02/2018 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Agathe“: So heißen fade Frauen. Sanfte, mit Mittelscheitel und Stickrahmen. Der 5. Februar räumt mit solchem Quatsch auf. Agatha, so heißt die Sizilianerin, der ein beleidigter Freier die Brüste abreißen und sie dann umbringen lässt. Weil der Mann die Macht hat, das zu tun.

Die hl. Agathe erlitt das Martyrium wahrscheinlich unter dem römischen Kaiser Decius, d. h. um 250. Sie war kaum zwanzig Jahre alt, als sie starb; eine große Schönheit. Es wird erzählt, der römische Statthalter wollte sie heiraten. Als sie sich ihm verweigert, weil sie Jungfrau bleiben will, lässt er sie in ein Bordell bringen. „Zwangsprostitution“ heißt das heute. Das sollte ihren Glauben erschüttern. Denn Agathe hatte sich das Recht, über ihr Leben und ihren Körper selbst zu bestimmen genommen um Jesu willen. Für Christus wollte sie Jungfrau bleiben. Sie blieb es auch im Bordell. Da ließ der reiche und mächtige Mann sie grausam foltern. Dann heißt es weiter: „In der Nacht wunderbar geheilt, wurde sie am folgenden Tag weiter gepeinigt, worauf sie im Kerker starb.“

Spätestens hier wird es uns Modernen zu viel. Was ist das für ein Gott, der seine Heiligen martern lässt, sie wunderbar heilt, nur um sie dann wieder martern zu lassen? – Ich weiß es nicht. Ich weiß dazu nur zu sagen: Es ist der gleiche Gott, der Lazarus oder den Jüngling in Nain von den Toten auferweckt, um sie dann später einen zweiten Tod sterben zu sehen. Denn Lazarus stirbt ja wieder, anders als Christus… Es ist der gleiche Gott, der am Kreuz starb und seither täglich neu gemartert wird, durch alles, was die Menschen Jesus im Sakrament des Altares antun: Nichtbeachtung, Verachtung, Ehrfurchtslosigkeit, Frevel.

Die Legende erzählt, ein Jahr nach der Bestattung Agathas habe ein Ausbruch des Ätna ihre Heimatstadt Catania bedroht. Da trugen sie den heran flutenden Lava-Massen Agathas Schleier entgegen, – und das Feuer hielt vor der Stadt an und erlosch.

Schon früh wurde Agatha auch außerhalb Siziliens verehrt, zuerst in Rom, dann im ganzen Reich. Sie war über die Jahrhunderte hin eine der populärsten heiligen Frauen. Man rief sie um Hilfe an bei Fieber und Krankheiten der Brust, bei Unwetter, Erdbeben, Feuersgefahr; sie ist die Patronin der Ammen, der Glockengießer und Weber, Schutzfrau Siziliens und Maltas.

Folter, Wunder, Legende, Jungfrauen, Schleier und, wie es in der heutigen Liturgie heißt, „die Gnade des Martyriums“: Es ist klar, was die fünftel-gebildeten und ideologisch verzimmerten Redakteure und Redakteurinnen von Arte-History aus diesem Stoff machen würden. Für den durchschnittlichen Bildungsbourgeois (der uns hier verachtet) ist es klar: Vergangene, überholte, zweifelhafte, katholische Zeiten. Und wir sind fast schon bereit, zerknirscht, peinlich und ratlos dazustehen.

Da fällt der Blick auf das berühmte Gemälde des Spaniers Zurbaran aus der Barockzeit, „Die hl. Agatha.“ Vor finsterem Hintergrund steht eine junge Frau. Aufrecht. Wie nichts, fast lässig trägt sie vor sich, was Männer ihr angetan haben. Die Folter hat sie nicht gebrochen, im Gegenteil. Gekleidet ist die Frau prachtvoll, in den kühnsten Farben. Purpurrot, Kardinalsrot, Sonnengelb und Samtgrün. Diese Farben, die ganze Haltung, alles transportiert: Sanftheit – und Stolz, Demut – und Souveränität. Das Bild der Frau, die nicht gebrochen werden kann. Und uns kommt ein Zweifel: Hat der katholische Glaube, ein Glaube, der Frauen so sehen kann, hat der wirklich nichts anderes getan als Frauen zu unterdrücken und klein zu halten und den Männern immer und überall Recht zu geben? Wie geht eine gedemütigte oder misshandelte Frau weiter, wenn sie vor solchem Bild gestanden hat und solche Geschichte gehört hat, die Geschichte der heiligen, großen Agatha? Geht sie klein weiter?

Hier geraten unsere Ideen in Bewegung, es geht uns auf: Das ist nicht alt, das ist nicht überholt. Das ist Frau, Mann, Gewalt, Freiheit, Selbstbestimmung, Würde. Das ist modern. Bis auf Eines: In der Me-too-Bewegung geht es um die Frau. Um diese, konkrete Frau, der ein Mann Gewalt angetan hat und um die Frauen insgesamt. Es geht um Selbst-Bestimmung. Um das Selbst, das Ich. Hier genau liegt der Unterschied zu Agatha und all den anderen Heldinnen der Kirche. Sie entscheiden, sie bleiben aufrecht, aber sie denken dabei nicht nur oder nicht zuerst an sich, nicht allein an sich selbst. Ihre Entscheidung fällt um Christi willen. Das bedeutet: Zur Freiheit, zur Würde, zu Gerechtigkeit kommt noch hinzu: Liebe. Und aus der Liebe wiederum folgt die Solidarität. Diese Frauen der Kirche haben sich im Blick, alle Frauen insgesamt, – aber auch Christus und mit ihm (denn er ist nicht von ihr zu trennen) seine Kirche. D. h. alle Menschen, Frauen und Männer. Agathas Schleier rettet beide Geschlechter, die Armen und die Mächtigen, die Alten wie die Kinder, die ganze Stadt.

Wenn es nur um Gerechtigkeit geht, zwischen Frauen und Männer oder wo immer, nur um Widerstand und Würde, nur um Freiheit und Selbstbestimmung, da scheitert es. Wenn die Liebe fehlt, scheitert alles. Die Liebe aber kommt nicht aus unserem guten Willen allein. Sie kommt zuerst vom Heiligen Geist. Er ist die Quelle der Liebe, ohne die nichts gelingt.

Allmächtiger Gott,
auf die Fürsprache der heiligen Jungfrau Agatha
halt an die Lava des Zornes,
verschone uns vor den Schmerzen des Leibes und der Seele;
wenn wir sie aber tragen sollen, so gib uns heilige Kraft.
Lege milden Schleier über die Hässlichkeiten der Welt, dass sie uns nicht schrecken können.
Gib den Frauen, aber auch den Männern Stolz und Freiheit und Respekt für einander.
Bewahre uns vor Feuersgefahr und den Krankheiten der Brust.
Hilf uns mächtig, in aller Bedrängnis auszuharren
und segne diese Brote, die uns einen Moment der Freude in dieser Welt schenken und uns erinnern an Deine großen heiligen Frauen. Amen.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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