2. Sonntag im Jahreskreis (B), 14. Jänner 2017
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Viele Diskussionen, hilfreiche und mühsame, viele Aktivitäten, sehr gute Aktivitäten: So sind unsere Tage in der Pfarre, – und da ist noch gar nicht die Rede von Ihrem Privatleben und von meinem und von Wien und Rittern und, und, und. Aber was geschieht in der Nacht? Was ist, wenn es still wird? Sie sind allein, Sie sind mit anderen, mit Fremden oder mit Freunden, mit Lieben oder mit Gleichgültigen. Aber wer spricht wirklich mit Ihnen? Wer rät Ihnen? Wer lenkt Sie auf den richtigen Weg? Welche Stimme hören Sie? Sie glauben an Gott, Sie beten, Sie gehen zur Messe, Sie reden über die Pfarrei, Sie helfen. Aber wo hören Sie Gott? Gehen Sie einmal weg von allem. Nicht weil alles schlecht ist, sondern um andere Erfahrungen zu machen. Andere Erfahrungen: Die ermöglicht Ihnen diese Stunde am Sonntagvormittag. Heute führt sie uns alle zusammen in die Stille des nächtlichen Tempels. Es ist dunkel, nur eine einzige Lampe brennt (s. Ewiges Licht. – „Die Lampe Gottes war noch nicht erloschen“, V 3). Die Menschenmassen des Tages sind längst nach Hause gegangen. Da sind nur noch zwei: ein alter, blinder Mann und ein Junge. Der Junge lebt im Tempel, er lernt, wie das geht mit Gott. Nun, in der Nacht, hört der Junge eine Stimme. Es ist kein Traum, denn die Stimme weckt Samuel; es ist auch keine Vision, denn Samuel sieht niemanden. Nur die Stimme, die hört er. Immer wieder. Und die Geschichte beginnt. In dieser Nacht wird der Junge zum Propheten berufen. Äußerlich passiert nicht viel. Aber das, was geschieht, ist entscheidend: für Samuel, für Eli und sogar für das ganze Land. Aus dieser Nacht wird eine große Geschichte. Gott ruft Menschen; Jesus ruft Menschen, im Evangelium von heute – die ganze Bibel geht um nichts anderes: um Menschen, die gerufen werden. Warum sollte das aufgehört haben? Ist die Bibel das geschlossene Buch? Warum sollte sich das, was die Bibel heute von Samuel erzählt, nicht auch hier in Mailberg ereignen? Sie sind hier, Gott ist hier. Sind Sie so sicher, dass da nichts geschieht? Anders gefragt: Spricht Gott mit uns – oder sind wir allein? Machen wir allein unser Ding, und da draußen oder da drinnen ist nichts, nur wir? Gibt es Momente, in denen Gott, der leise Gott, überhaupt zu uns sprechen könnte? Ist die Chance, dass wir hören? Haben wir einen „Glauben“, in dem Überraschungen ausgeschlossen sind? In dem Gott gar nicht reden darf? Verbieten wir Gott, zu uns reden? Wollen wir bei uns bleiben, ohne Hören, ohne Sehen, ohne Reden? Ich für mich selbst frage mich das immer wieder. Was braucht es, damit Gott zu hören ist? Eine günstige Atmosphäre. Eher die Stille der Nacht, das Wachen und Hören eher als den Lärm. Gott ist zu hören im Gewissen, in der Liturgie, in den Büchern, in der Musik … es müssen keine Stimmen in der Nacht sein. Gott ist zu hören in Begegnungen wie der zwischen Jesus und den künftigen Aposteln. Um Gott zu hören, braucht es vielleicht den Rat anderer. Der alte Mann Eli hat Erfahrung, er kann unterscheiden und dem jungen Samuel den entscheidenden Hinweis geben. Es braucht Zeit, weil nicht alles sofort klar ist. Beide, Eli und Samuel, irren sich zunächst. Es braucht Bereitschaft und Tat. Mut. Vielleicht den schlichten Mut eines Jungen… – „Ich höre! Rede!“ Dann redet Gott, und es beginnen ganz neue Geschichten. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.