Epiphanie, 6. Jänner 2018
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Man kann eine Fernbeziehung führen, man kann auch in getrennten Wohnungen leben, – aber irgendwann wird ein Paar sich doch sehen wollen; sonst wird das nichts. Wir müssen einander sehen! Es reicht nicht zu wissen, dass es den Vater gibt. Wenn das Kind, der Sohn vor allem, den Vater nie sieht, wenn er zu Hause, im Kindergarten, in der Schule immer nur Frauen erlebt, wie soll er dann lernen, wie das geht: ein Mann sein? Mit dem Zeugen eines Kindes ist es nicht getan, man muss sich dem Kind auch zeigen. Wir müssen uns zeigen! (s. a. Kirchenbesuch) Verheiratet kann man nicht sein mit einem Unsichtbaren, ein Kind muss seine Eltern sehen können; ich kann nicht ihr Pfarrer sein und in Wien bleiben: Sie müssen mich ab und an sehen können. Zeigen und sehen: So geht das Leben! Das heutige Fest feiert drei Ereignisse gleichzeitig: die Ankunft der Sterndeuter „aus dem Osten“ beim Christkind, die Taufe des erwachsenen Jesus im Jordan und das berühmte Wunder bei der Hochzeit von Kana. Das malerischste Ereignis ist natürlich der Besuch der heiligen drei Könige; das kann sich die Fantasie prächtig ausschmücken. Deswegen ist Dreikönig bis heute das beliebteste Ereignis. Die Taufe im Jordan ist das intimste: Nur Johannes der Täufer und Jesus verstehen, um was es da geht. Das wunderbarste Ereignis ist die Verwandlung des Wassers in köstlichen Wein beim Hochzeitsfest in Kana. Was haben die drei Ereignisse, die die Bibel überliefert gemeinsam? Menschen sehen etwas und erkennen daran etwas. Um aber etwas sehen zu können, muss sich zuerst etwas zeigen. Nur was erscheint, kann gesehen werden und verstanden werden. Deswegen heißt dieser Tag: „Epiphanie – Erscheinung des Herrn.“ Zeigen und sehen! Damit die Menschen Jesus erkennen können, erkennen können, wer er wirklich ist, muss er sich zeigen. Selten genügt ein einziger Blick. Liebe auf den ersten Blick gibt es gar nicht. Es gibt Gefallen auf den ersten Blick, Begehren, aber Liebe braucht Zeit, Wiederholung, Beständigkeit. Deswegen zeigt sich Jesus auf verschiedene Weise, mehrfach, immer wieder: erst als Kind im Viehstall, dann als Mann in der Menge am Jordan, dann als Herr über die Elemente, der Wasser in Wein verwandelt. Ganz verschiedene Menschen erleben die verschiedenen Ereignisse – und so fügt sich, Schritt um Schritt das heilige Volk Gottes: die Gemeinschaft der Menschen, die mitbekommen haben, dass Gott sich zeigt, die anfangen, Gott zu erkennen. Zeigen, sehen, erkennen. Das ist ein Weg. Jeder Christ geht diesen Weg. Er beginnt mit der Taufe, – die herkommt von jenem Moment am Jordan. Da beugt sich Jesus unter die Gesetze dieser Welt: Er steht sichtbar mitten unter den Leuten, das Wasser aus dem Fluss rinnt über sein Haupt, Johannes und er blicken einander an. Äußerlich bleibt alles, wie es ist. Aber innerlich, unsichtbar beginnt Jesus, die Welt zu verwandeln: „Du taufst mit Wasser, Johannes. Ich aber werde taufen mit Feuer und Heiligem Geist; ich verwandle dein Wasser in Wein; ich verwandle den Wein in mein Blut, – das das Böse in der Welt wegnimmt.“ Johannes sieht das Sichtbare – und versteht innerlich. Von der Taufe führt der Weg zur Eucharistie, jenem Sakrament, das Brot und Wein verwandelt in den Leib und das Blut Christi. Den, der die Kommunion empfängt, verwandelt sie in ein Kind Gottes. Sichtbar sind nur zwei: die Hostie und der Mensch. Das Entscheidende ist innerlich. Die Firmung führt den Weg weiter. Der Geist Gottes wird in den Menschen eingesenkt, damit der Mensch immer mehr sieht, immer mehr versteht, immer fester bekennt, – und so die Kirche wachsen lässt. „Dreikönig“ feiert den Beginn dieses Weges. Gleich ob man sie „Sterndeuter“ nennt oder „Magier“ oder „Weise oder „Könige“: Es sind Fremde, die in das Haus der Heiligen Familie kommen. Da kommen die Völker der Erde zu Christus, sie sehen, sie erkennen. „Sie fielen nieder und beteten ihn an.“ – Und kaum 40, 50 Jahre später, nach Pfingsten kommt Christus zu den Völkern: In der Predigt der Apostel und in der Taufe, die sie spenden. Alles ist sichtbar. Immer wieder zeigen und sehen. Damit immer mehr Menschen sehen und immer mehr Menschen verstehen. Und hinter dem Sichtbaren ist nicht Nichts, nicht Leere, nicht das Ende, sondern das Geheimnis, der wahre Anfang – auf den wir zugehen. Erinnern Sie sich an die Begegnung zwischen Jesus und Natanael? Jesus sagt zu diesem Mann, der zwischen Skepsis und Glauben steht: „Du wirst noch Größeres sehen. Amen, amen, ich sage ich euch: Ihr werdet den Himmel geöffnet und die Engel Gottes auf- und niedersteigen sehen über dem Menschensohn“ (Joh 1, 50s.). Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.