Dienstag der 22. Woche im Jahreskreis
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Jesus geht hinab nach Kafarnaum, er geht in eine Stadt, er lehrt, es ist ein Samstag: Friede und Sicherheit. – „Während die Menschen sagen: Friede und Sicherheit!, kommt plötzlich das Verderben über sie… es gibt kein Entrinnen.“ Und da ist sie: die Angst vor der Zukunft, vor dem, was kommen wird. „Friede und Sicherheit!“, das sagt ja heute niemand mehr. Alle haben Angst. Was fürchten Sie? Sie haben die Wahl: Trump? Das Altwerden? Die Diagnose des Arztes? Den Börsenkrach? Die Typen in der U-Bahn? Die Rechten? Oder die Linken? Und wenn wir um uns keine Angst haben, haben wir Angst um unsere Kinder. „Friede und Sicherheit!“ Ob man sich nun Sicherheit wünscht oder um sie bangt oder meint, Sicherheit und Frieden zu haben: Immer geht es um die Zukunft. Doch die Zukunft ist ein Popanz. Wer weiß, was die Zukunft bringen wird? Wir wollen auf Paulus hören und „wach und nüchtern sein“. Christen sind nicht ohne Empfindungen, keine abgeklärten Philosophen, keine Drübersteher, auch nicht apathisch und nicht kalt; wir spüren Angst, – aber wir gehen anders mit ihr um. Das merken Sie doch schon am Atem der wenigen Zeilen, die Paulus uns heute schreibt. Dürfen sich Christen überhaupt fürchten? Haben sich die Heiligen gefürchtet? Immerhin sagt Jesus einmal: „Fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann.“ Und damit ist nicht Gott gemeint… Das sagt er einmal. Viel öfter sagt er: „Fürchtet euch nicht!“ Und die Engel Gottes sagen es den Menschen immer wieder: „Fürchtet euch nicht!“ Und dann kommt die Auferstehung, – die doch jede Furcht noch bizarrer macht. Jesus kennt die Angst, auch am eigenen Leib, er leugnet sie nicht. Er treibt sie aus. „Schweig und verlass ihn!“, sagt er dem Dämon der Angst. Und der böse Geist verlässt den Menschen, – sogar „ohne ihn zu verletzen“, wie es im Evangelium heißt. „Mit Vollmacht und Kraft befiehlt er den unreinen Geistern, und sie fliehen.“ Wo Jesus ist, flieht auch der unreine Geist der Angst. Die Geschichte geht durch Katastrophen hindurch, aber nicht auf die Katastrophe zu. Die Geschichte geht auch nicht wie eine Straße gerade ins Nichts, und das Ende der Geschichte ist kein Punkt; schon gar kein schwarzes Loch. Geschichte ist keine Linie, sondern ein Gegenüber. Seit Jesus oder besser mit ihm stehen wir dem kommenden Gott gegenüber. Geschichte ist Begegnung geworden. Damit ist auch der Götze Zukunft gestürzt. „Wer weiß, was die Zukunft bringen wird“, wer so murmelt, macht sich doch von der Zukunft abhängig. Oder betet sie an. Vor Gott haben die Menschen keine Angst mehr, aber vor der Zukunft. Das genau drehen wir Christen um. Denn wir hören das Wort: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ Wenn Gott wirklich der Herr ist, dann doch auch Herr der Zukunft, oder? Spüren Sie in diesem Evangelium nicht die Macht Jesu? Es gibt nur einen Gott. Das Schicksal oder die Sterne oder die Zukunft oder die Angst sind keine Konkurrenten Gottes. „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben!“ Wenn Gott Herr der Zukunft ist, dann brauchen wir nur noch eines zu tun: versuchen, ihm zu gefallen. Ihm zu begegnen. Blind gehen wir diesen Weg nicht. Gott ist unfassbar, ja, aber es gibt doch Wahrnehmbarkeiten, Andeutungen, Vermittlungen, Fingerzeige… auch durch das leise Wirken der Engel. Das deutlichste Indiz Gottes aber ist Jesus. Das beständige, treue, ernste, unablässig wiederholte Schauen auf Jesus macht Gott immer klarer. Was vergänglich ist, vergeht; kein Grund zum Schrecken. Aber das Unvergängliche wird immer klarer, Erfahrung summiert sich, Weisheit vertieft sich. Das ist der Sinn der Kirche. Sie sammelt Erfahrung; sie blickt auf Jesus, Jahr und Jahr, und erkennt immer tiefer. Dass wir heute in Gott eher den Vater als den Richter erkennen, ist nicht einfach einem Wechsel der Optionen geschuldet. Wir können gar nicht mehr zurück und wieder einen grauenerregenden Gott predigen. Der Abschied von der Volkskirche ist nicht bloß ein Phänomen der Statistik; er gehört auch in die Ordnung des Heils. In der Verschiebung der Akzente ist auch ein Wachstum in der Wahrheit. Die Kirche wächst in der Wahrheit: Jesus ist bei ihr – und wird doch nicht weniger! Jesus macht nicht flächendeckend alle gesund (er erfindet noch nicht einmal das Aspirin), aber Gott sagt uns durch ihn, was er vorhat: allen sinnlosen, zur Verzweiflung bringenden Schmerz und allen Tod zu beseitigen. – „Tod! Überhebe dich nicht! Dein ist nicht der Sieg. Die Stimme Gottes wird dir die Macht nehmen. Die Verstorbenen werden dich mit Füßen treten“, singt ein alter Hymnus der Kirche. „Darum wollen wir nicht schlafen wie die anderen“, schreibt Paulus. Wir wollen auch nicht Angst haben wie die anderen. Wir wollen die Wachen sein, einander wecken: „Einer richte den anderen auf!“ Damit wir vereint mit Jesus leben. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.