Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

Aktuelles

Aufnahme Mariens in den Himmel

15/08/2017 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Bilder Mariens gibt es viele, und jedes Bild erzählt auch etwas von denen, die es gemacht und aufgestellt haben, von der Zeit, in der es entstand. Wenn man auf die Bilder schaut, vor denen sich heute die meisten Verehrer und Verehrerinnen Mariens sammeln, scheint es, als werde in der Kirche dieser Tage vor allem die Jungfrau verehrt, die „Unbefleckte“ (obwohl das eine – Jungfrau – mit dem anderen – unbefleckt – nicht viel zu tun hat). In diesen Bildern scheint das 19. Jahrhundert nicht zu enden… Die, die Maria heute verehren, suchen nicht mehr die Mutter. Schon gar nicht die Mutter, die, das Kind stillend, ihre Brust zeigt wie im Mittelalter. Sie suchen nicht mehr der herbe Prophetin, gewiss nicht die Jüdin, auch nicht die Stille und Schauende, nicht die Herrscherin und Königin dieses Festes. Die meisten Gläubigen versammeln sich heute vor den Bildern aus Fatima oder Lourdes. Keine goldglänzenden Mosaiken mehr, mit guten Augen, die uns durchdringen bis ins Innerste; kein geschnitztes Lindenholz, keine Anmut und Schönheit wie in der Gotik, keine jubelnde Kraft wie im Rokoko, stattdessen: Gips vom Fließband. Was ist los mit der Kirche?! Die meisten suchen nach Maria, der Rednerin von Botschaften – was sie im Evangelium niemals ist. Dort ist sie Bejahende, Mutter, Braut (in dieser Reihenfolge), Gebärende, Flüchtling, Pilgerin, Hausfrau und schließlich steht sie unter dem Kreuz ihres Kindes. Dann die Wunder ihres Todes: Hier Kräuter, Blumen, Duft, Heilung, – dort Verklärung. „Mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen“, lehrt uns der Stellvertreter Christi auf Erden; „der dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat“, betet das Volk Gottes.

Reinheit ist nicht Fadheit, und der Leib, der in den Himmel aufgenommen wird, wird mehr Energie, nicht weniger. Das Fest stellt klar, wer Maria ist: Weib – Reine – Gläubige – Gottesgebärerin – Mutter – Apostelin und Anfang der Kirche – verklärte Königin. Mehr als wir. Gebenedeit unter den Menschen. Eine Frau, größer als jede andere Frau und über jedem Mann. Das Fest feiert das Privileg Mariens, ihre Einzigartigkeit, ihre Majestät; es hebt sie über uns hinaus – und uns ihr hinterher.

Der Text aus der Offenbarung des Johannes, den Sie vorhin gehört haben (es war die Rede von der Frau und dem Drachen), wurde geschrieben für Gemeinden, die schon die ersten Christenverfolgungen erlebt hatten. Er sagt diesen getauften Männern und Frauen: Das Böse ist mächtig, – aber es wird nicht siegen. Der Text des Apostels Paulus in der zweiten Lesung des Festes ist eine Auseinandersetzung mit Leuten, die die Auferstehung leugnen, – wie es sie heute gibt: Leute, die diese Welt abschließen. Kein Jenseits, kein Himmel. Jeder kann sich selbst perfektionieren, wenn er nur will. Yes, we can.

Christen denken ganz anders. Christen wissen, wie ferne Gott scheinen kann; sie erfahren sein Schweigen und dass es das Kreuz wirklich gibt, für alle. Christen sehen im Tod eine gottfeindliche Macht, – die am Ende besiegt wird. Für Christen ist diese Welt nicht geschlossen, noch nicht vollendet; sie ist offen. – Das meint Auferstehung und „Aufnahme in den Himmel“. Es meint: Wir sind begrenzte, sterbliche Wesen; der Tod bestimmt unser Leben hier, – aber wir gehören zu Christus. Er eröffnet uns ein anderes Leben: das Leben, das er seiner Mutter heute geschenkt hat.

Wo genau schenkt er uns dieses Leben? Wo beginnen wir den Weg, der uns dorthin führt, wo Maria jetzt ist? In der Taufe. Taufe bedeutet: Vergöttlichung. Übergang von der Finsternis in unaussprechliches Licht. Taufe bedeutet, Gottes Kind zu werden; ihn, Gott selber, anzuziehen, den Heiligen Geist in uns zu haben, Christus gleich gestaltet zu werden. Taufe bedeutet ein inneres Geschehen, eine Tat Gottes. Dieses Fest heute fragt jeden Getauften (!): Willst du das?

Durch die Gnade der sieben Sakramente werden wir umgestaltet zur Ähnlichkeit mit Gott. Sie können sich nicht vorstellen, was das bedeutet? Schauen Sie auf Christus. Er ist das Urbild und Vorbild. Schauen Sie auf Maria, – aber auf die ganze Frau. Maria schaut Gott – und schauend und liebend und anbetend wird sie Gott ähnlich. Kein Mensch wird Gott ähnlicher als diese Frau. Dabei ist sie das „große Zeichen am Himmel“.

Die Blumen und Kräuter dieses Festes sind die kleinen Zeichen. Farben und Formen, Duft und Geschmack, Heilkraft und Anmut, Fülle und Lebendigkeit – alles Hinweise auf das weite Leben. Das wir uns nicht nehmen, das uns geschenkt wird.

Wenn Ihnen die Frauen von Mailberg heute, am Großen Frauentag, Blumen und Kräuter schenken, dann ist die Schönheit und Pracht dieser Gewächse ein erstes Zeichen für Ihren Weg zu Gott. Verklärung. Vergöttlichung. Herrlichkeit.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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