19. Sonntag im Jahreskreis (A) – Gerüstet für Sturm … und Sieg
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes „Gott ist nicht… Gott ist nicht…“ Gott ist nicht da. Aber er wird kommen. Lesung und Evangelium: die gleiche Botschaft. Gott wird erwartet – und kommt nicht. Kommt so lange nicht. Dann ist er da. Plötzlich. So anders als erwartet. Lesung und Evangelium enthalten den gleichen Auftrag: Lernt, wie Gott ist. Lernt, mit Gott zu leben. Nicht Gott muss etwas von euch erfahren, sondern ihr etwas von ihm. Jesus hat Jünger um sich versammelt. Nicht weil ihm fad war, nicht weil er nicht allein sein konnte, auch nicht weil er andere kommandieren wollte. Er hat ein anderes Ziel; für dieses Ziel setzt er auf andere Menschen und dafür bildet er sie aus. Die Geschichte von den Jüngern im Sturm ist eine Ausbildungsgeschichte. Zwölf Männer werden trainiert. Es wird Großes geschehen, – aber Jesus schickt die Menge fort. Sie bleibt ausgeschlossen. Schon das eine Lektion: Es geht nicht um Sensationen; es geht nicht um die Anerkennung der Leute. Was da auf dem See geschieht, wird nicht gepostet werden und nicht geliket. „Als die Menge gesättigt war, forderte Jesus die Jünger auf, ins Boot zu steigen…“ So der Text im Lektionar der Messe. Andere Übersetzungen schreiben: „Jesus zwang die Jünger, ins Boot zu steigen…“ Wie schon einmal werden die Jünger einen Sturm aushalten müssen. Damals hatte Jesus im Boot geschlafen, – während sie Angst um ihr Leben hatten. Diesmal ist er erst gar nicht bei ihnen; er schickt sie alleine los, lässt sie in den Fluten treiben, stundenlang. So lernen sie und wachsen innerlich. Sie lernen aushalten und hoffen. Auf das Richtige, auf den Einzigen. Wir können oft nicht ausweichen. Wir sind gefangen im Boot (Sorgen, Krankheit, Alter, Streit). Erst nachdem sie die Angst ausgehalten haben, gibt Jesus den Jüngern wieder neuen Mut. Sie haben gelernt, auf ihn zu vertrauen. Darum geht es: verloren sein – oder vertrauen. Wieso sollte es uns anders gehen? Die Kirche, das ist das Boot auf stürmischer See; wir, jeder für sich und gemeinsam, sind Boote im Sturm. Manchmal scheint sie der Herr verlassen zu haben, und wenn er kommt, dann vielleicht erst spät. „In der vierten Nachtwache“, heißt es: Als die Nacht schon fast vorüber ist. So lange lässt Jesus die Kirche warten. Und selbst dann befiehlt er den Winden nicht gleich, sich zu legen; er streckt nur seine Hand aus, damit Petrus sie ergreifen kann und die Kirche und Sie und ich. Aber die ganze Zeit hat Jesus gebetet („er stieg auf einen Berg, um in der Einsamkeit zu beten“). Weil Jesus betet, kann das Boot nicht untergehen. Petrus hat instinktiv verstanden, worum es geht, als er ruft: „Lass mich zu dir kommen!“ Er ruft nicht: „Lass mich über das Wasser gehen!“ Weil es nicht um Kunststücke geht, nicht um Angeberei und Erfolg, sondern um Liebe: „Lass mich zu dir kommen!“ Und dann ist Petrus gleich wieder in Gefahr. Seine Kleingläubigkeit ist es, die ihn fast umbringt, – nicht die Wellen. Lieben Sie Gott? Dann gehen Sie ruhig über Sturmwellen. Lieben Sie nur die Welt? Dann werden Sie untergehen. Denn was in der Welt sollte uns wirklich tragen können? Gott kommt, uns zu halten; Gott kommt, und die Stürme um die Kirche legen sich. Aber Gott kommt nicht, wenn wir es befehlen (manche beten wie die Befehlshaber); Gott kommt nicht und macht Geschäfte mit uns (manche beten, als wollten sie Geschäfte machen mit Gott). Gott kommt, wenn wir es wirklich brauchen. Er weiß, wann das ist. Vordergründig sagt uns dieses Evangelium: Durch Glauben und Mut siegen wir in den schwierigsten Situationen; wer zweifelt und aufgibt, ist verloren. Da ist etwas daran. Aber das Evangelium ist kein praktischer Lebensratgeber. Es gibt eine tiefere Lehre. „Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn!“ Spüren Sie, wie die Jünger allmählich zum Verstehen kommen? Sie fahren in den Morgen hinein, der Wind legt sich, das Herz, das eben noch voller Angst war, schlägt ruhiger: Jesus ist bei ihnen – und es geht ihnen auf, wer er ist. Darum geht es. Um das Verstehen. Petrus ist der erste, der das Richtige ahnt. Deswegen lässt er sich auf Jesus ein und verlässt das sichere Boot (als ob ein Boot sicher sein könnte!). Es geht um Menschen, die an ihre Grenzen geführt werden und es wagen, diese Grenzen zu überschreiten. Weil sie glauben. Wenn wir es wagen, uns auf Jesus einzulassen, können wir das sichere Boot verlassen. Etwa das Boot des Ansehens und der Routine. Wir können Dinge sagen und tun, die uns nicht gleich Ansehen einbringen, die neu sind und ungewohnt. Wir sind von Gott getragen. Im Tagesgebet dieser Messe heißt es: Du hast uns „den Geist deines Sohnes gesandt. Gib, dass wir in diesem Geist wachsen.“ Dazu das alles. Wer glaubt, sucht nicht einfach Geborgenheit bei Gott: Er empfängt einen Auftrag! Die Jünger werden geschult. Gehorchen, Aushalten, Warten: „Wo bleibt er?“ Irgendwann wird es enden. Es wird gut sein. Aber nicht jetzt. Deswegen will ich warten. Nicht mich trösten. Dann ist er da. Und die Jünger glauben wirklich. Sie verstehen. Und werden es der ganzen Welt sagen: „Wahrhaftig, er ist Gottes Sohn!“ Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.