Palmsonntag, 9. April 2017: „Er hielt nicht daran fest…“
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Sicherheit. Und Verlust der Sicherheit: Für viele Menschen wird die kommende Woche genau das bringen. Vielleicht für mich, vielleicht für Sie. In ein paar wenigen Tagen können Gefühle kippen, Beziehungen zerbrechen; von einem Tag auf den anderen geht es von Gesundheit zu Zerstörung, von Treueschwüren zum Verrat, vom Leben ins Grab. Sie kennen das; wer gelebt hat, kennt das. Das Leben ist nicht sicher. Jesus ist ruhig. – Der Mann kennt Gefahr, er kennt die Angst. Aber sie werden ihn nicht überwältigen. „Jesus Christus war wie Gott, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein“, heißt es in der Lesung des Palmsonntags (Phil 2). Er „hielt nicht fest“: Das beschreibt diesen Menschen. Die Bibel zeigt uns immer wieder Männer und Frauen, die nicht festhalten; die aufbrechen oder weiterziehen oder nachfolgen. Alles aus Treue. Das lernen wir an Jesus: Es geht, man kann weggehen von sich selbst, frei sein, nicht festhalten – und trotzdem treu sein und sogar glücklich. Nein, nicht trotzdem: Es ist tatsächlich die Treue, die beweglich macht und frei. Und mutig. „Er hielt nicht fest“ – Alles ruft uns zu, die von außen und unser Inneres: Halte fest! Sichere dich ab! Aber muss man das wirklich? Muss man Kinder festhalten? Oder die eigene Jugend? Oder die Heimat? Muss man alle Ideen festhalten? Muss man Gott festhalten? – Wie will ein Mensch den unendlichen Gott festhalten? Der, dem am Palmsonntag alle zujubeln, wird in wenigen Tagen tot sein. Weil alle seinen Tod wollen oder in Kauf nehmen oder gleichgültig sind. Auch wir. Jesus kennt Einsamkeit, verraten werden, beschimpft werden, Schmerzen haben, Angst haben. Aber das alles kann ihm das Wichtigste nicht nehmen: das Vertrauen. Keine Panik, kein Jammern, nicht Kälte und nicht Rache. Nur dieses eine: „Vater, in deine Hände lege ich mein Leben.“ Das genügt. Das gibt Jesus uns weiter. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.
Karwoche: bewegte Tage. Verlust der Sicherheit. Bewegte Zeiten, in denen wir leben. Alles kommt ins Gleiten; alles ist bedroht, Ausgang ungewiss. Da wird Sicherheit zur großen Sehnsucht. Also lieber Affirmation statt Fragen, lieber Fühlen statt Denken, Abschließen statt Aufmachen. Sicherheit wird zum Fetisch, und mit einem Mal bietet alles Mögliche Sicherheit: Bildung, Überzeugungen, Ansehen, Aussehen und natürlich der Besitz. Wenn aber die Sicherheit so wichtig wird und sie dann bedroht ist, gibt es Angst. Panische, tobende Angst.
Wir leben mit der Angst. Mit der eigenen Angst vielleicht, ganz sicher mit der Angst der anderen. Die sozialen Medien schreien ja vor Angst… Wenn wir aber auf Jesus schauen in diesen Tagen, werden wir ruhig. Nicht kalt, nicht hart: ruhig. Wie er.
Sie können Ihren Kindern treu sein, ohne sie festzuhalten. Sie können sich selbst treu sein, ohne festzuhalten, denn Sie sind mehr als Ihre Jugend oder Ihr Alter oder Ihre Ideen und ganz sicher mehr als Ihr Besitz. Sie können Gott treu sein, ohne ihn festzuhalten. Gott hält Sie. Das ist der Weg Jesu. Der nicht festhielt – und treu blieb.