Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Dienstag der 7. Osterwoche – Joh 17, 3 –

16/06/2016 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Ich will alles. Ich will das Ganze. Warum kann man nicht jung und zugleich alt sein? Zugleich Vater und Priester? Tischler und Schriftsteller? Sänger und Sportler zugleich? Warum müssen wir uns immer entscheiden, für das eine und damit gegen so vieles andere? Ich will alles und bekomme immer nur Stücke. So ist das in dieser Welt und in diesem Leben, und es fällt schwer, das zu akzeptieren. Wer es nicht akzeptiert wird niemals klug und weise; er wird nur wütend. Wie wütend sind wir, auf das Leben?

Akzeptieren, resignieren, am Platz bleiben… das machen viele. Viele Erwachsene jedenfalls. Die Kinder machen es ganz anders. Und weil das so ist, können viele Erwachsene mit dem Wort vom „ewigen Leben“ nichts anfangen. Es ist keine Verheißung für sie, keine Hoffnung. Und so scheitert der Dialog zwischen ihnen und der Kirche von Anfang an. Denn die Kirche muss vom „ewigen Leben“ sprechen, solange sie das Evangelium verkündet und solange sie ihre Liturgie nicht völlig neu erfindet. „Ewiges Leben“, fällt Ihnen noch auf, wie oft davon die Rede ist in der Kirche? Und es reißt keinen fort. Weil alle meinen: ein ewig dauerndes Leben, irgendwo, unter fremden, ungeahnten Umständen, mehr wird das nicht sein. Wieso soll ich mich danach sehen?, denken Sie sich. Und „ewiges Leben bei Gott“ – was soll das sein? Was soll das eigentlich genau sein: Gott?

„Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast.“ So im heutigen Evangelium. Wird es durch diese Beschreibung besser? Wer würde sein Glück darin finden wollen, Gott zu erkennen? Nur ein ganz bestimmter Menschenschlag. „Erkennen“: Den meisten klingt das viel zu intellektuell. Sie erinnern sich an die Plagen der Schulzeit und haben vergessen, welches Glück es war, als sie das erste Mal eine Fahrradschaltung kapierten oder ganz allein ein ansehnliches Essen auf den Tisch brachten. Welches Glück das Lernen, das Erkennen und das Lob der Eltern und die Bewunderung der Freunde war. Erkennen kann sehr glücklich machen.

Dennoch, für sich genommen, so wie es heute da steht und bei uns gebraucht wird, führt das Wort „erkennen“ in die Irre. Es geht im Evangelium nicht um einen bloß intellektuellen Vorgang. Das ewige Leben bei Gott betrifft nicht nur unseren Verstand. Sondern alles: Verstand, Gefühl, Sinne, Leib. Da ist es, das Ganze.

„Erkennen“ bedeutet in der Bibel: Gemeinschaft erfahren. Ewiges Leben bedeutet ewige Gemeinschaft mit Gott – erfahren. Erfahrungen macht nicht nur der Kopf. Erfahrungen gehen den ganzen Menschen an.

Gott erfahren also. Gott: das, was in jeder Hinsicht das Beste ist, das Vollkommene. Hier, in dieser Welt, steht die Schönheit immer neben dem Hässlichen. Vielleicht ist sie überhaupt nur so, durch diese Nachbarschaft zu erkennen und zu verstehen. Schönheit ist hier Teil; sie vergeht, sie nimmt zu oder sie nimmt ab. Gott aber ist die reine Schönheit. Die Schönheit selbst. Die ganze Schönheit auf einmal. Unausschöpfbar.

Hier, in dieser Welt, steht die Güte neben der Strenge, die Barmherzigkeit neben der Gerechtigkeit; die Offenheit und die Vergebung müssen neben der Erfahrung stehen, neben der Klugheit und dem Trieb, sich selbst zu erhalten. Gott ist die Güte, die Barmherzigkeit, die Offenheit, die Vergebung in einem.

Gott ist nicht Aspekt, nicht Teil, nicht Vorher und nicht Nachher. Gott ist das reine Jetzt. Gott ist ganz. Fülle. Gott ist einfach.

Schon jetzt wird klar, dass „Gott erkennen“, „Gott erfahren“ ein Ewigkeitsprojekt ist. Wir bleiben ja auch im Himmel begrenzt. Unser Verstand wird nicht unendlich und auch unsere Liebe nicht. Wir bleiben ja Menschen. Geschöpfe. Individuen. Und begegnen im Himmel dem Grenzenlosen, dem Ganzen.

Wir werden schon hier mit dem geliebten Menschen nicht fertig… Im Himmel werden wir niemals fertig mit Gott, weil Gott uns unendlich nahe ist und unendlich übersteigt. Sein Lob wird niemals langweilig, das Entzücken über Gott nicht fad. Das Erkennen Gottes ist immer neu, immer Anfang – und doch ewige Dauer.

Und das alles beginnt, indem wir Jesus Christus begegnen und ihm glauben. In dem Moment, wo wir an ihn glauben, nehmen wir die Gabe des ewigen Lebens entgegen. Das ist unsere Antwort auf Gott: Glaube. Annahme.

Immer nur Antwort geben wir Menschen. Das Erste ist immer die Liebe Gottes. Das Zweite der Glaube.

Der Glaube besteht darin, den Vater und Jesus zu erkennen. Zu erkennen, mit dem Verstand und dem Herzen und dann mit den Sinnen und dem Leib, dass Jesus und Gott eins sind. Durch Jesus erkennen wir Gott.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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