Fest Kathedra Petri, 22. Februar 2016
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes
„Kirche? Was soll das denn sein?“ Vielleicht hat der Fischer so gedacht, damals, als Jesus mit ihm sprach. Es war um Jesus selbst gegangen. „Für wen halten die Leute den Menschensohn?“ Und plötzlich spricht Jesus von der Kirche. Das erste und einzige Mal, dass dieses Wort in den Evangelien vorkommt: „Kirche.“ – Bei uns ist es umgekehrt: Wir reden oft über die Kirche und selten über Christus. Checken Sie Ihre eigenen Konversationen und Sie wissen, was ich meine…
In dem Gespräch, das uns die Liturgie des Festes „Kathedra Petri“ zur Betrachtung vorlegt, geht es zuerst um das Bekenntnis zu Jesus, dem „Sohn des lebendigen Gottes“. Dann um die Kirche, die unüberwindbare. Die Macht hat zu binden und zu lösen. Eine Macht, die bis in den Himmel hinein reicht. Was eine Behauptung!
Was auf den ersten Blick irgendwie aneinandergehängt, beinahe konstruiert wirkt, hat in Wahrheit innerlich mit einander zu tun: der Gottessohn und die unüberwindliche Kirche. Beides läuft in Petrus zusammen. Petrus bekennt sich zu Jesus: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!“ Das tut er nicht für sich; da geht es nicht um seinen privaten Glauben. Wer immer sich zum Sohn Gottes bekennt, tut das nicht für sich allein. Unser Bekenntnis ist für die anderen. Wir glauben, weil Petrus geglaubt hat. Wegen des einen glauben die anderen. Das ist Kirche. Glaube ist niemals privat. Kirche ist Gemeinschaft. Weil zwischen Gott-Vater und Gott-Sohn Gemeinschaft ist. Weil Jesus dazu bestimmt ist, Gemeinschaft zwischen Gott und allen Menschen zu stiften. Kirche ist Gemeinschaft: Form, sichtbar, verfasst, hier. Genau auf diese Art will Gott mit den Menschen zusammen sein. Gott sei im Ungefähren, Allgemeinen, irgendwo, behaupten sie. Irrtum! Gott ist da in Jesus Christus und in seiner Kirche. Gott will den Menschen eine sichtbare Heimat geben und er will Heimat finden bei den Menschen. Jesus ist der neue Tempel Gottes; die Kirche ist das heilige Volk in diesem Tempel. Gott will anwesend sein in dieser Welt. In ihr Wohnung nehmen. Deshalb gibt es die Kirche. Die Kirche ist also keine irdische Einrichtung. Die Kirche ist darauf angelegt, einmal im Reich Gottes aufzugehen. Deshalb reicht ihre Gewalt bis in den Himmel. „Was du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein…“ Deshalb ist sie unbesiegbar. Die Geschichte beweist es: Die Kirche ist da, immer noch. Und die Kirche ist immer neu.
„Und die Mächte der Unterwelt“, also des Todes, „werden sie nicht überwältigen.“ Die Mächte der Unterwelt, das sind die, die die Kirche und die Menschen von Gott trennen wollen. So wie der Teufel Jesus in der Wüste dazu bringen wollte, Gott zu verraten. Die Mächte der Unterwelt, das sind letztlich die Mächte des Todes. Der Tod ist das, was Gott am meisten entgegen ist. Da wird ein Kampf geführt auf Leben und Tod. In jeder Seele, in jeder Pfarre, in jeder Ordensgemeinschaft. Aber der Tod kann die Kirche nicht besiegen. Warum? Eben weil sie der Ort des lebendigen Gottes ist. „Du bist der Sohn des lebendigen Gottes.“ Weil die Kirche zu Christus gehört, hat sie Anteil an der Vitalität des Auferstandenen. Sein Sieg über den Tod strahlt auf die Kirche aus.
Das Fest Kathedra Petri erinnert an die Berufung des Apostels Petrus zum Lehramt. Von der Mitte der Kathedrale aus verkündet und definiert Petrus, was die wahre christliche Lehre ist – in seinen Nachfolgern, bis heute. Der Papst ist wesentlich Erhalter. Bewahrer. Konservativ also. Denn er ist nur dazu da, in der Kirche den Glauben an Christus lebendig zu halten. An Christus, von dem das ganze Neue Testament und die gesamte christliche Tradition bekennen, dass er das letzte, endgültige Wort Gottes an die Welt ist. Dass er von den Toten auferstanden ist.
Im auferstandenen Christus ist die Welt schon vollendet. Mehr kann es nicht mehr geben. Das Entscheidende in der Weltgeschichte ist schon geschehen. Das muss als Evangelium verkündet werden, in den Sakramenten vermittelt werden, auf der ganzen Welt, allumfassend, katholisch bewahrt werden. Das muss immer wieder in die Gegenwart hinein gestellt werden, damit sich die Welt verändert auf ihre Zukunft hin. Zukunft, die schon geschehen ist.
Deswegen muss der Papst konservativ sein: weil das Entscheidende schon geschehen ist. Er kann gar nichts Neues mehr dazu geben. Und der Papst muss progressiv sein, revolutionär, weil er das Bestehende vorwärts treiben muss, in immer neuen Formen, auf das Reich Gottes zu.
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