Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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25. Sonntag im Jahreskreis (B), 20. September 2015

05/10/2015 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Ihr betet…“ Ja. „Aber ihr werdet nicht erhört.“ Sie kennen das; Sie haben diese Erfahrung schon gemacht: Da beten Sie um etwas und Ihr Gebet wird nicht erhört. Gott enttäuscht Sie. Das Gebet ohne Wirkung – und zur Erklärung sagt der Apostel Jakobus: Selbst schuld! Ihr seid selbst schuld, denn ihr betet falsch. So wird das nichts. „Ihr bittet und empfangt nichts, weil ihr in böser Absicht bittet…“

Man kann also falsch beten. Das bedeutet: Beten müssen wir lernen. Wir müssen unser Gebet immer wieder überprüfen. Und manchmal korrigieren.

Was der Zweck des Gebetes? Ein Christ betet nicht, weil er etwas bekommen will. – Sehen Sie: Man spricht ja nicht nur dann mit dem Menschen, den man liebt, wenn man etwas von ihm will. Mit den Menschen, die man liebt, spricht man, weil man sie mag und gern in ihrer Nähe ist. So soll es auch mit Gott sein. Beten, weil man Gott liebt. „Gott ist kein Callboy, den du anrufst, damit er dir etwas Gutes tut“ (Nick Cave).

Der allererste Zweck des Gebetes ist also: Eintreten in die Gegenwart Gottes. Unser kleines Ego öffnen. Wer betet, ohne sich wirklich für Gott zu interessieren, der braucht sich nicht zu wundern, wenn er nicht erhört wird. Da ist ja gar keine Nähe. Wo einer nur seine eigenen Ziele verfolgt, ist kein Gebet möglich. So wird klar, wie das geht, richtig beten: sich öffnen für Gott. Nicht auf den eigenen Wünschen hocken bleiben; nicht bloß reden, sondern auch hören. Von daher wir auch klar: Beten kann mehr sein als Bitten. Beten kann sein ein einfaches Zusammensein mit Gott. Oder ein Dank. Oder ein Lob Gottes.

Manche sagen: „Ich bitte Gott um nichts! Gott weiß ja, was ich brauche.“ Was für eine Ohrfeige für Jesus! Er hat uns nur ein einziges Gebet gelehrt, das Vaterunser. Das aus sieben Bitten besteht. Jesus will, dass wir bitten. Warum? Wer bittet, zeigt dass er Gott vertraut. Darauf kommt es an.

Manche kommen nicht über das Bittgebet hinaus. Das liegt daran, dass wir meistens mehr mit unseren Nöten beschäftigt sind als mit Gott. Und daran, dass wir vieles von dem, was gelingt und funktioniert als selbstverständlich nehmen. Was es nicht ist. Wer dankt schon, dass ein Meeting kollegial und konstruktiv verlaufen ist?

Beten wird zum Danken, wenn einer wahrnimmt, was alles nicht selbstverständlich ist. Die Juden danken dafür, dass morgens die Sonne aufgeht und Licht und Wärme bringt. Die Juden sind nicht blöde. Sie wissen: Der Sonnenaufgang ist ein Naturablauf. Sie vergessen aber nicht, dass der Sonnenaufgang auch zu Gottes Gaben gehört, mit denen Gott uns umfängt und trägt. Wir konsumieren diese Gaben meistens gedankenlos. Danken kommt von Denken. Deswegen sollen unsere Gottesdienste nachdenklich machen. Die Messe ist gemacht aus unendlich vielen Zeichen und Gebeten. Wir sollen spüren: Gott drängt durch diese Zeichen zu uns. Der Gottesdienst am Sonntag ist ein Geschenk Gottes an die Pfarre, damit wir in all den vielen Gebeten spüren: Gott ist da. Alles wird gut.

Gebet ist Zuwendung Gottes zu uns – und unsere Zuwendung zu Gott („durch Christus, unseren Herrn“). Von sich selbst weggehen, aufmerksam werden, nachdenklich, das alles ist Gebet. Und schließlich: sich vergessen. Gott ist da. Gott genügt.

Und was bewirkt das Gebet? Manchmal eine Erhörung genau wie wir sie uns gewünscht haben. Manchmal eine Erhörung, die wir erst viel später bemerken und verstehen.

Aber es kommt nicht nur auf die Erhörung des Gebetes an. Zuerst einmal verändert uns das Gebet. Uns und unser Verhältnis zur Wirklichkeit. Nehmen Sie das Tischgebet. Sie setzen sich zu Tisch, abgejagt, gleichgültig, gedankenlos. Aber Sie haben die Gewohnheit, vor dem Essen zu beten. Und siehe da: Aus gleichgültigen, gedankenlosen Menschen werden dankbare Menschen. Das Gebet verwandelt unser Verhältnis zu den Dingen: Aus Produkten, die wir gekauft haben, werden Geschenke des himmlischen Vaters. Das Tischgebet verändert die Speisen nicht; die schmecken nachher wie vorher. Aber es verändert unser Bewusstsein und damit die Welt.

Wir sind alle Priester durch die Taufe. D. h. wir können beim Essen, beim Arbeiten, beim Warten, überall Kontakt mit Gott aufnehmen und den Alltag und die ganze Welt in die Gegenwart Gottes halten. Das ist der priesterliche Dienst aller Getauften.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

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