21. Sonntag im Jahreskreis (B), 23. August 2015
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes
„Mein Kind soll einmal selbst entscheiden, ob es getauft werden will.“ Das sagen viele Eltern. Und viele Leute sagen: „Jeder muss selbst wissen, was er glaubt.“ Die Bibel sagt: „Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.“
Glaube ist heute vor allem Sache des Einzelnen. Der Einzelne entscheidet, ob er glaubt und was er glaubt. Er wählt aus. Er wählt aus dem, was die verschiedenen Religionen zu bieten haben und macht sich seinen ganz eigenen, privaten Glauben. So privat, so eigen, dass es gar nicht der Glaube einer Gemeinschaft sein kann. Es kann nur sein Glaube sein. Der Glaube seines Freundes oder seiner Frau ist schon wieder ganz anders. Ist deren Sache. Der Glaube ist heute so privat, dass es gar nicht mehr geht zu sagen: „Wir glauben…“ Dass gemeinsame Glaubensfeste gar nicht mehr möglich sind. Dass es etwas wie den „Glauben der Väter“ nicht mehr gibt: Es kann nichts mehr weiter gegeben werden, denn jeder fängt immer ganz von vorne an. Ein Glaube ohne Vergangenheit und ohne Zukunft und ohne Auftrag.
Unsere Pfarre ist der Gegenentwurf zu dieser Haltung. Wir beten gemeinsam das Glaubensbekenntnis, wir feiern gemeinsam, wir wollen unseren Glauben weitergeben (Lieder, Gebete, Gegenstände, Bräuche). Wir erfinden den Glauben nicht neu – und sind trotzdem offen und wagen Neues.
Für die Heilige Schrift ist der Glaube zuerst Sache der Gemeinschaft, dann des Einzelnen. In der Lesung aus dem Buch Josua geht es um das ganze Volk. Josua steht dem Volk gegenüber – aber eben nicht allein: „Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.“ Also Josua selbst, seine Familie, seine Leute. Josua ist kein einzelner Privatmann, der glaubt; und was die anderen glauben, ist ihm nicht wurst. Josua will dem Glauben seiner Vorfahren treu bleiben; und zwar mit allen, die ihm am Herzen liegen und für die er Verantwortung hat. Und das nicht um Recht zu behalten, sondern weil seine Vorfahren gut gefahren sind mit diesem Glauben. Weil er will, dass seine Familie das Richtige tut und glücklich wird.
Ein Vater, der nicht zur Kirche geht, handelt nie als Privatmann. Mit dem, was er tut, prägt er seine Kinder. Die Jugendlichen, die nicht in die Kirche gehen, sind in den meisten Fällen Kinder von Vätern, die auch nicht zur Kirche gehen. Jeder Vater, der nur seinen eigenen, privaten Glauben lebt, ohne an sein Haus zu denken, trifft eine historische Entscheidung. Er bricht mit dem Glauben seiner Vorfahren und verhindert die Zukunft des Glaubens bei denen, die nach ihm kommen.
„Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.“ Das bedeutet auch: Wer zu mir gehört, soll auch meinen Glauben teilen. Ein Haus – ein Glaube. Ich weiß, das ist fern von unserer Situation – aber bedenkenswert, eben weil es eine Grunderfahrung der Hl. Schrift ist: Glaube ist Gemeinschaftssache. Für echte Einheit – einer Ehe, einer Familie, eines Dorfes – braucht es vielleicht auch einen gemeinsamen Glauben… – der aber Entscheidungssache ist, nicht Zwangssache. „Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen“, bedeutet ja nicht, dass man die im Haus unter Druck setzen muss. Aber wohl, dass man Verantwortung für sie und ihren Glauben hat; dass man sich einen gemeinsamen Glauben wünschen darf.
Wenn ich überzeugt von etwas bin, wenn ich etwas liebe – dann werde ich es doch auch weitergeben. Kein Vater zögert, seinem Sohn die Begeisterung für Fußball weiterzugeben; auch mit sanftem Druck. Aber seinen Glauben will er nicht weitergeben? Ist der Glaube an Gott nicht wichtiger?
„Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen“, das bedeutet schließlich auch, dass man sich entscheiden muss. Manchmal auch gegen die anderen. Das heißt nicht: Wir sind besser. Es kann aber heißen: Ja, in manchen Dingen machen wir es anders.
Was ich meine, sehen Sie an unserem großen Fest. Da war nichts gleichgültig; da war alles Aufmerksamkeit, bis ins letzte Detail. Das war gastfreundlich, ganz offen und doch ein starkes, ganz klares Zeugnis.
Und so hat es viel bewirkt. Sicher, es waren wieder keine jungen Leute dabei und nicht genug Kinder. Aber denken Sie daran, was allein die Vorbereitungen bewirkt haben. Die Firma, die die Spendertafel gefertig hat, die Wissenschaftlerinnen, die mit den Messkleidern zu tun hatten, die Frauen vom Catering, die vielen Gäste: alles Menschen, die sonst nie auf die Kirche treffen und plötzlich miterleben, wie eine ganze Gemeinde Glanz in die Welt bringt, Momente schafft, die die Herzen tief bewegen. Der riesige Aufwand, der für viele von Ihnen bis an die Grenzen ihrer Kräfte ging, hat sich gelohnt, ich bin sicher. Und die neuen Klänge vom Glockenturm werden das in die Zukunft tragen.
In Österreichs Zukunft wird es nicht mehr eine Kultur geben, sondern viele. Die Fremden werden das Land verändern. Aber wir Katholiken können das meistern, wenn wir offen und klar zugleich sind.
„Wir aber und unsere Häuser, wir wollen dem Herrn dienen.“ Nicht um uns abzuschließen, sondern um Kraft zu gewinnen und den anderen zeigen zu können: Dieser Glaube tut gut.
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