Hochfest Johannes des Täufers, 24. Juni 2014
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes
Wir suchen Gesellschaft. Wir suchen Bewegung, Anerkennung, Unterhaltung: Also Lärm. Viele haben wahre Angst vor der Stille. Wir organisieren Sicherheit (Umgang mit Flüchtlingsfrage, Versicherungswesen).
„Er lebte in der Wüste, / bis zu dem Tag, an dem er offen in Israel auftrat.“ Da geht es um ein ganz anderes Leben. Um das, was ein Mensch zu tun hat. Und um die Frage: Welchen Platz geben wir dem Patron dieser Kirche? Dem „Größten, den je eine Frau geboren hat“? Was fange ich mit meinem Leben an?
Johannes setzt sich aus. Wer in die Wüste geht, weiß eher als andere: Dieses Land kann mich umbringen, körperlich oder innerlich. Dort ist keine Gesellschaft. Die Stimme, die einmal so mächtig sein wird, ruft sinnlos in die Stille. Johannes, der Gott den Weg bahnen soll, findet dort keine Richtung. Auf- und Abstieg haben in der Wüste keine Bedeutung. Anders als bei uns. Wer in der Wüste lebt, wird Schritt um Schritt reduziert auf das Nötigste. Irgendwann ist da nur noch das wahre Selbst. Und Gott. Die meisten kennen nur ihre Bedürfnisse und Lüste. Nicht sich selbst. Bei uns ist Gott reserviert auf Stunden oder Bereiche; bei Johannes ist Gott alles. Die Wüste hat Platz geschaffen für Gott. Jetzt erst kann Johannes „offen auftreten“. Er hat Gott erlebt; er hat sich selbst kennen gelernt; er hat ausgehalten; geschwiegen; geschehen lassen. Er war allein. Er hat seinen Körper erfahren. Er hat gebetet: nicht Bitten um dieses und jenes, sondern Begegnung mit Gott. Jetzt kann er so reden, dass die anderen ihn ernst nehmen müssen. Ohne die Wüste wäre er einer, der frommes Zeug plappert.
Einem anderen den Weg bereiten, andere dazu bringen umzukehren, das war die Aufgabe des Johannes.
Wir versprechen einem Menschen: „bis der Tod uns scheidet.“ Wir setzen Kinder in die Welt. Wir sind Priester oder Laien im Volk Gottes. Wir planen Reformen und Hilfsdienste. Wir feiern die Messe. Und alles mit der uneingestandenen Hoffnung: Wird schon gehen. Johannes ist einer, der ernst nimmt, was er tut.
Bei vielen Menschen fließt das Leben hin; es wird immer dünner und am Ende versickert es einfach in Müdigkeit und Langweile. Johannes, das ist das erlernte Leben. Das richtige Leben. Irgendwie geht gar nichts. Irgendwann lässt der Charme nach, die Schönheit vergeht, der Geist wird schwerfällig. Dann zählt nur, wie einer vor Gott steht.
Johannes ist ein Mann, der eine Aufgabe hat. Jeder Mensch hat eine. Diese Erkenntnis bewahrt uns davor, in den unzähligen Menschen der Erde nur ein sinnloses Gewimmel zu sehen. Jeder Mensch hat eine (geschichtliche) Aufgabe. Wo finden wir unsere Aufgabe? Hier. Die Aufgabe ist in diesem Leben, nicht in einem anderen.
Offen sein für die Realität. Nicht alles wissen. Schritt für Schritt gehen, ohne sich an ein ausgedachtes Ziel zu klammern: So kann das Leben immer neue Wendungen nehmen und immer wahrer werden.
Johannes geht in die Wüste. Dann geht er an den Jordan. Er sammelt Jünger und schickt Jünger weg. Er greift den König an und wird zum Opfer der Königin. Johannes ist überzeugt und offen. Er hat Gott und sich selbst. Er lebt seine Aufgabe – unter den verschiedensten Umständen. Beweglich und frei findet er seinen Platz in der Geschichte.
Sein Platz in der Geschichte ist es auch, Patron, also Schützer und Vorbild der Malteser Ordensritter zu sein. Johannes, der Mann, der wegtreten kann, der allein sein kann; der gehorchen kann, der wird zum Patron eines Ordens, der anderen helfen will. Das ist richtig so. Denn anderen helfen bedeutet: Handeln. Tun, was zu tun ist. Dann wegtreten. Wieder allein sein können, wenn der Dienst getan ist. Wer so hilft, sucht nicht Anerkennung und nicht Trost. Er tut seine Aufgabe und weiß: Gott allein genügt.
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