Hochfest der Gottesmutter
01/01/2013
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes.Auch im neuen Jahr werde ich Ihnen sagen: Achten Sie auf die Worte Ihrer Gottesdienste. Sie werden dabei viel für Ihren Glauben gewinnen. Im Gabengebet der heutigen Messe heißt es: „Wir danken dir für den Anfang des Heiles, das du uns in der Geburt deines Sohnes aus der Jungfrau Maria eröffnet hast.“ – „Anfang des Heiles“, „Geburt“, „Jungfrau“: drei Anfänge in einem Satz, am Beginn des neuen Jahres. Das ist also das Ziel an unserem ersten Jänner 2013: das Neue. Nicht einfach ein weiteres Jahr. Die Texte der Messe machen die Perspektive auf. Für das, was kommt. Für das Neue. Insofern passt es, dass dieser Tag Maria gewidmet ist. Maria ist der Neuanfang. Sie ist die Jungfrau. Das Mädchen oder die junge Frau, die keinen Mann trifft, in der aber Gott ein Kind erschafft. Maria wird Mutter und bleibt dennoch Jungfrau. Jungfrau vor, bei und nach der Geburt Jesu. Das bedeutet: Diese Frau ist ihr Leben lang ganz neu und ganz für Gott. Das glaubt die Kirche einhellig seit ihren Anfängen (übrigens glauben dies auch die Protestanten): Maria, die Mutter und Jungfrau. Etwas, das es nie vorher gegeben hat und nie mehr geben wird. Maria ist einzigartig bis in das Körperliche hinein. Warum? Weil das Kind, das da kommt, einzigartig ist: Jesus. Was ist aus uns Katholiken geworden, dass die meisten diese Lehren ablehnen? Dass sie nein sagen zu etwas, das von den Anfängen herauf von allen geglaubt wurde? Die Menschen leiden unter dem Zustand der Welt; sie machen sich Sorgen, was das neue Jahr bringen wird – aber sie können mit dem Wort „Erlösung“ nichts anfangen. Haben sie wenigstens Sehnsucht danach? Die meisten Leute meinen, Gottvertrauen sei etwas für kindliche Gemüter, aber nichts für erwachsene Frauen und Männer, die im Leben stehen. Dass Gott bis ins Körperliche hinein handeln könnte, ist den meisten ein ganz fremder Gedanke. Wenn es Gott überhaupt gibt und wenn Gott handelt, dann im Geistigen – aber nicht im Körperlichen (Zölibat). Ist aber das, was Grenzen hat, noch Gott? Ist Gott noch Gott, wenn er nur im Geistigen sein darf, aber nicht im Körperlichen? Eine Lehre der Kirche finden und sich wundern, staunen, Fragen stellen, zu verstehen suchen, auch diese Lehre annehmen, glauben, was gelehrt wird… alles das ist möglich. Aber die meisten wollen nur eines: ablehnen. Ablehnen, ohne lange zu überlegen. Wie kommt das?
Was die Kirche lehrt, ist sehr menschlich; es ist nicht bizarr oder extravagant, sondern allgemein: Es geht jeden Menschen an, der Hoffnung hat. Wenn man das einmal verstanden hat, wird es leichter zu glauben – und sogar schön. Lehren wie die von der Jungfräulichkeit der Mutter Maria seien unbegreiflich, wenden Sie ein? Aber das Weltall ist auch unbegreiflich, das Leiden ist unbegreiflich, die Liebe ist unbegreiflich. Was wäre unser Leben, wenn alles begreiflich wäre? Ein Baumarkt. Die Sehnsucht nach Erlösung, nach einem Neuanfang ist uralt. Deswegen hat es immer und überall auf der Welt Religionen gegeben. Es ist, wie wenn die Menschheit längst geahnt hätte, dass der Neuanfang von einem göttlichen Kind kommen würde. In Ägypten, in Rom, in Griechenland, bei den Juden, überall wurde davon erzählt. Aber was die Evangelisten von Maria und der Geburt Jesu erzählen, unterscheidet sich von allen Mythen der Völker. Jesus ist kein Halbgott; er ist ganz Mensch und ganz Gott, beides „unvermischt und ungetrennt“. Der unendliche Unterschied zwischen Gott und Geschöpf bleibt. So ist Maria auch nicht die Frau, die mit einer Gottheit sexuellen Verkehr hat – solche Gedanken finden sich in vielen Sagen und Mythen –, sondern sie ist und bleibt Jungfrau. Gott verkehrt also nicht physisch mit ihr, sondern erschafft in ihr das Kind. Weil Maria ihr Ja gesagt hat. Deswegen feiern wir sie heute. Wir feiern ihre Freiheit, ihren Gehorsam und ihr Geheimnis. Drei Dinge, die doch jeder Mensch kennt! Ich finde es schön, dass die Kirche Maria ihr Geheimnis lässt. Sie verkündet feierlich, seit den ersten Zeiten, die Lehre von der Jungfräulichkeit Marias, aber sie spricht nicht darüber, wie genau das gegangen ist. Die Kirche glaubt nur, dass Maria auch in ihrem Körper von Gott getroffen war. Das liegt doch auf einer Linie mit der Glaubenswahrheit, dass Gott „Fleisch“, also Körper wurde und unter uns körperlichen Menschen gelebt hat. Das passt doch zu der Wahrheit, dass der Leib Christi nicht im Grab verwest ist, sondern mit auferstanden ist. Gott erfasst alles: Geist, Leib, Geschichte, Zeit und Raum. Und wenn es gut geht, stimmt der Mensch Gott zu, mit Verstand, Leib und Seele. Maria hat das getan. Die Frau hat den Neubeginn ermöglicht.
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