Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Erntedank (27. Sonntag im Jahreskreis 2025)

05/10/2025 


Die Predigt zum Anhören

Erntedank (27. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C)
Predigt am 05. Oktober 2025 in Rettersheim

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Dankbar – wofür? Für Gelbe Rüben und Krumbiern? Vielleicht in der Kriegszeit, von der wir als Kinder noch pausenlos hörten, aber heute? Für Gemüse sind in Deutschland nur ein paar sehr nachdenkliche Seelen dankbar; die anderen schieben den Salat aus dem Big Mac an den Tellerrand. Kann weg.

Dieser prachtvolle Schmuck zu Erntedank – hilft der zum Glauben? Hilft er wenigstens zum Danken? Sehen Sie die ganze Schönheit hier und werden dankbar, tief innerlich? Lässt das Gemüse Sie neu an Christus glauben? Wenn ich auf den christlichen Glauben schaue, dann scheint mir das Erntedankfest unnötig wie ein Kropf. Es spricht nicht von Christus und nicht von der Auferstehung. Jeder kann Erntedank feiern, Christ muss man dazu nicht sein.

Wenn ich aber auf die Menschen von heute schaue, dann ist das Fest ein Segen. Denn der moderne Mensch ist das undankbare Wesen durch und durch. Natürlich weiß ich nichts von den modernen Menschen in Asien, aber von denen im wiedervereinigten Deutschland kann man eine Ahnung bekommen. Ist Deutschland heute ein dankbares Land? Nein. Es wird geschimpft, gepestet, gefordert, geklagt. Gibt es keinen einzigen Grund hier dankbar zu sein? Wenn ich mich also frage: Können wir Christen moderne Menschen werden? Sollen wir? Wenn ich so frage, steigt ein Nein in mir auf. Lieber nicht. Denn ich bin sicher: Die modernen Menschen um uns sind auf dem absteigenden Ast. Ihre Art wird zu nichts Gutem führen. Und hier bin ich an dem Punkt, an dem Erntedank eben doch Sinn hat. Das Fest lehrt uns Christen Dankbarkeit. Dankbarkeit aber tut den Menschen gut. Wenn wir Christen die Dankbaren sind, haben wir unseren ungläubigen Mitbürgern etwas Gutes zu geben. Wir können Deutschland guttun.

Wo kommt die Dankbarkeit eigentlich her? Wir kommen hilflos auf die Welt, das Baby ist total abhängig. Ohne die Menschen, die sich um das Kind kümmern, ist es verloren. Wenn es aber auch nur einigermaßen gut geht im Leben, erfährt das Neugeborene, dass es auch außerhalb des Mutterleibes Geborgenheit gibt. Es ist bei den Menschen gut aufgehoben. So entsteht die erste Dankbarkeit.

Wir sind endliche Wesen, nicht allmächtig. Wir haben uns nicht selbst erschaffen. Wir verdanken den anderen ganz viel. Dankbarkeit ist die Fähigkeit, sich daran zu erinnern, dass andere Menschen uns so wie wir sind möglich gemacht haben. Das können wir weitergeben. Die Dankbarkeit für das Gute, das wir erfahren haben, macht uns selbst wieder großzügig mit anderen Menschen. Wir Christen sind also zuerst dankbar – und das in einem Land, in dem die Enttäuschung regiert, die Verbitterung, das Misstrauen. Die Leute verstehen nicht, dass „Ich bin dir dankbar“ nicht gleich ist mit „ich schulde dir etwas“. Schon das Wort „Dankbarkeit“ macht viele grantig. „Ich will keinem danken müssen!“ Das ist plemplem. Dankbarkeit ist nicht gleich Schuldigkeit. Dankbarkeit einzufordern, wie es Eltern oder Partner gerne tun, bewirkt nur Groll und Kälte. „Ich habe so viel für dich getan, – wo bleibt deine Dankbarkeit?!“ Das ist nicht nur kleinlich, es hilft auch nicht.

Bei einem Sonnenuntergang, nach einem schönen Tag einen Moment lang in Dankbarkeit zu baden, hilft auch nicht viel. Vielleicht muss echte, erwachsene Dankbarkeit zusammengehen mit einer gewissen Trauer. Damit meine ich die Fähigkeit, Verluste ertragen zu können. Verluste sind unvermeidlich. Ein Kind zieht aus, ein Besitz geht verloren, der Verstand lässt nach, was immer… der Verlust gehört zum Leben. Übrigens auch zur Politik. Politik ist immer mühsam und enttäuschend, immer mit irgendeinem Verlust verbunden; es kann gar nicht anders sein. Man muss mit einander reden, zuhören, verstehen, nachgeben, also auch etwas aufgeben, was einem viel bedeutet. Demokratie ist mühsam, sie ist mit Verlust verbunden, weil man Kompromisse machen muss. Aber wissen Sie was Besseres? Den Kaiser Wilhelm? Den Reichpräsidenten Hindenburg, Herrn Hitler oder Frau Wiedel?

Das echte Leben bietet endlos Anlass für Wut, Ärger, Angst. Aber man kann lernen, damit umzugehen. Der reife Umgang mit Enttäuschungen und die Dankbarkeit für das Gelungene: eine wunderbare Mischung für eine wirklich moderne Gesellschaft. Modern zu sein, heißt eben nicht sein wie alle anderen. Alle regen sich auf – Christen sind ruhig, ernst, gerade, dankbar.

Oder wollen Sie in der Trauer über verlorene Hoffnungen steckenbleiben? Wollen Sie langsam an Ihrer Wut ersticken?

Soll das ganze Elend als Entschuldigung für Untätigkeit dienen?

Ist es nicht viel besser, Ihre Beziehung zu dieser Welt von der Dankbarkeit prägen zu lassen?

Ist es nicht viel besser, sich bewusst an das Schöne zu erinnern?

Ich selbst finde das Leben nicht leicht, aber ich erinnere mich immer wieder an die übergroße Freundlichkeit Gottes mit mir. So dankbar!

Sie können der Welt etwas schenken, ohne ständig eine Gegengabe zu erwarten. Sie werden erst dann wirklich gedeihen, wenn auch Ihre Nachbarn und Landsleute gedeihen. Sie können eine Bereicherung für Ihr Land sein. Natürlich sind Menschen mörderische, gewaltbereite, neidische, lieblose Wesen. Aber sie sind noch mehr als das – darauf können Sie Ihren Blick richten.

Mit der Geste des Gebens hat alles angefangen. Mit Ihrer Mutter und Ihrem Vater, so schräg die auch gewesen sein mögen. Wir Menschen sind zuerst einmal Beschenkte. Da ist Einer, der uns das Leben schenkt und das Sterben und die Erlösung. Wir können dankbar sein.

FÜRBITTEN

Wir tun einem anderen etwas Gutes und er scheint es uns beinahe übelzunehmen. Wir ernten keinerlei Dankbarkeit.
Heiliger Geist, mach uns geduldig und milde. – Komm, Heiliger Geist!

Der Herr im Evangelium dankt den Knechten nicht.
Die Pharisäer dachten, sie könnten Gott die Rechnung für ihr tadelloses Verhalten präsentieren. Falsch. Gott ist Gott. Gott schuldet nichts.
Heiliger Geist, lass uns verstehen. – Komm, Heiliger Geist!

In der ersten Lesung heißt es: „Siehe, wer nicht rechtschaffen ist, der schwindet dahin. Der Gerechte aber bleibt wegen seiner Treue am Leben.“
Vater im Himmel, gib diesem Land einfach rechtschaffene Frauen und Männer. – Komm, Heiliger Geist!

Es hieß auch: „Ich schreie zu dir: Hilfe, Gewalt! Aber du hilfst nicht.“
Jesus, sei denen nahe, die denken, Gott kümmere sich nicht um sie. – Komm, Heiliger Geist!

Paulus schreibt: „Denn Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“
Komm, Heiliger Geist! – Komm, Heiliger Geist!

Wir beten…
… für die Bauern und Winzer, für alle Erntehelfer aus fremden Ländern
… für die Kinder in Rettersheim
… für unsere Kranken
… die Politikerinnen
… für unsere Toten

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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