Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

Aktuelles

12. Sonntag im Jahreskreis 2025

21/06/2025 


Die Predigt zum Anhören

12. Sonntag im Jahreskreis 2025 (Lesejahr A [sic] – Röm 5, 12-15)

Predigt am Vorabend in Esselbach am 21. Juni 2025

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Faktencheck. Eine Lesung, mit der sich auch Theolog*innen schwertun. / Paulus – kein Autor, den man gerne liest. / Sie interessieren sich jetzt nicht brennend für das Neue Testament und an einem Sommerabend wollen Sie von Tod und Schuld auch nichts hören. Dieser Gottesdienst hat also schlechte Karten. Die meisten Pfarrer lösen das Problem, indem sie einfach über etwas anderes reden. Die ganz schlauen nehmen einfach, gegen alle Regeln, einen Text, der ihnen besser gefällt. – Ich mache mir die Welt nicht, wie sie mir passt. Ich biete Ihnen diese Lösung an: Wir arbeiten heute Abend an einem Text, den ich lieber nicht erklären müsste und den Sie lieber nicht hören würden. Warum tun wir uns das an? Damit etwas vorwärtsgeht!

Bei „Menschheitsgeschichte“ denken Sie vermutlich an Neandertaler und so. An Fernsehsendungen, die man nur aushält, wenn man ein Nerd ist oder betrunken heimkommt und Angst vor dem Bett hat. – Ich bezweifle, dass Paulus ein Nerd war. Er scheint sehr tough gewesen zu sein und war natürlich ein großer Heiliger. Dieser Jude, der durch einen gewaltigen inneren Schock zu Christus bekehrt wurde, fragt sich jetzt, wie das alles zusammenhängt: die Juden, das auserwählte Volk, Jesus Christus und die Kirche. Paulus fragt nach dem Sinn der Menschheitsgeschichte. Wer sind wir Menschen? Was wird aus uns? (Mindestens diese Frage kennen Sie heute doch auch: Was wird aus uns?) Paulus fragt sich auch: Wie haben wir Menschen es hinbekommen, dass die Welt oft so Scheiße ist – denn es gibt ja nicht nur Schnupfen, Falten und Naturkatastrophen, sondern auch noch Scheidungen und Atomkriege. Wie haben wir das hingekriegt und gibt es eine Lösung?

Wer sich Fragen stellt wie Paulus, ist schnell bei Schuld und Tod; also dort, wo unsere Zeitgenossen partout nicht hinwollen. Der Zeitgeist verdrängt die eigene Schuld an der Misere, das Leiden und den Tod. Beweis? Die Art, wie die Leute mit ihren Kranken umgehen. „Die Mutter kriegt eh nix mehr mit, also geh‘ ich nicht hin“, sagt mir ein munterer Handwerker.

Ich bin stolz auf unsere Kirche, weil sie die Großen Fragen stellt: Leben und Tod, Woher und Wohin, Schuld und Vergebung, Mann und Frau, Sinn und Unsinn, Zeit und Ewigkeit. Hier liegt die Grundkompetenz unserer Kirche mit ihrer uralten Erfahrung. Die Kirche weiß: Der Tod steht fest. Sie weiß (aus eigener Erfahrung): Es gibt Schuld. Wie mit der Wirklichkeit umgehen? So fragt Paulus, so fragt die Kirche. Erste Antwort: nicht verdrängen. Zweite Antwort: auf die Geschichte schauen, die Heilsgeschichte. Der Lauf des Kirchenjahres, jede Messe: Es geht immer um die Geschichte des Menschen mit Gott. Immer und immer wieder, weil wir die großen Dinge erst mit der Zeit verstehen. Kurzfassung dieser Geschichte: Es war sehr gut, am Anfang, und wurde richtig schlecht, seit Adam und Eva, Kain und Abel. Am Ende wird es wieder gut durch Gottes Macht. Durch Christus.

In der Lesung heißt es: „Durch einen einzigen Menschen kommt die Sünde in die Welt.“ Moderner ausgedrückt: Was ein Mensch tut – hier Adam – hat Auswirkungen auf alle. Viele werden fragen: Was geht mich dieser Adam an? Hat‘s den überhaupt gegeben? Aber keiner fragt: Was geht mich Mozart an? Martin Cooper (das war der Erfinder des Handys), Madonna, Messi, Napoleon, Luther: Es gibt einzelne Menschen, die alle angehen. Warum nicht auch Adam?

Gott hat gesprochen, zu Adam und Eva; Mose und die Propheten verkünden das Wort Gottes. Aber es ist immer das Gleiche: Der Mensch will nicht. So entsteht die Schuld.

Wenn schon durch einen einzigen Menschen die Schuld in die Welt kommt, dann kann auch durch einen einzigen Menschen die Befreiung kommen. Paulus stellt dem Adam Jesus gegenüber. Das ist die Grundgeschichte.

In der modernen Welt geht es um den Einzelkämpfer; das Individuum ist die Mitte. In der Bibel geht es um die Gemeinschaft, die Verbindung aller mit allen, sogar über die Generationen hin. Bibel: Was wir tun, wirkt auf andere. Welt: Setz dich durch! Und schon sind wir nicht mehr in uralten Geschichten, sondern in der modernen Diskussion. Elon Musk, Donaldo Trump, die FDP, Ulf Poschardt: Setz dich durch! Papst Franziskus, Papst Leo XIV.: Gemeinschaft!

Noch einen Schritt weiter. „Wie durch einen einzigen Menschen die Sünde in die Welt kam und durch die Sünde der Tod…“ Die Bibel fragt sich also: Warum der Tod? Warum das Leiden? Und schon wieder ist die Bibel sehr nahe bei Ihren eigenen Fragen.

Sünde ist das, was man nicht tun soll. Jeder hier weiß, dass es Dinge gibt, die wir Menschen nicht tun sollen. Und wenn man sie trotzdem tut? Wenn man sündigt? Dann verliert man an Leben, sagt Paulus. Scheint mir richtig. Sünde nimmt immer Leben weg. Ein Ehebruch mag geil sein, aber er killt die Ehe. Eine Lüge mag Profit bringen, aber sie tötet das Vertrauen. Hartherzigkeit macht vielleicht reich, aber sie bringt die Fürsorge um. Die Sünde hat den Tod gebracht, nicht Gott! Gott bringt Leben. Weil er selbst das Leben ist, die Fülle. Jesus, der tot war, lebt. Er ist der neue Adam. Weil er im Leiden vertraut hat. Der Glaube rettet. Der Glaube macht lebendig.

Für die Bibel ist das Leiden nicht sinnlos, sondern eine Chance. Leiden bedeutet Unterbrechung des Gewohnten, Krise. Wer leidet, wünscht sich Veränderung. Sie können das Leiden sehen als Herausforderung, Provokation, als „Versuchung“ wie die Bibel es nennt. Nicht weil Gott uns quälen will, sondern damit wir im Glauben wachsen.

Wer leidet (und wer tut das nicht, früher oder später?), der stellt sich die Frage, ob nicht alles sinnlos sei. Soll man diesem Gott, der ein Himmelreich verspricht, nicht alles vor die Füße werfen angesichts der Katastrophen? Hat das Leben trotz Leiden und Tod einen Sinn? Denken Sie es sich so: Gott fragt den Menschen: Willst du trotz meiner dunklen, unverstehbaren Macht festhalten an mir? Wie eine Frau ihren Mann fragt: Wirst du trotzdem bei mir bleiben?

Es geht um die Frage, ob mit dem Tod alles aus ist oder nicht. Bei der Auferstehung zählt nicht, was aus meinen Knochen wird. Es geht bei der Auferstehung um Liebe. Der leibliche Tod gehört einfach zur Welt, er ist „normal“. Gott sagt dem Menschen: „Ich unternehme nichts gegen deinen Tod. So wie ich es mit den anderen Menschen auch halte. Aber das tue ich, weil ich Größeres mit dir vorhabe: eine neue Schöpfung. Glaubst du mir, obwohl du stirbst?

Die Heilsgeschichte führt zum Vertrauen, sagt Ihnen die Kirche. Doch es gibt so viele Gegenbeispiele… Am Ende bleibt nur das Vertrauen ohne Grund. Sind Sie dafür stark genug? Das ist der Sinn der Sakramente: uns zu stärken. Oder woher wollen Sie sonst Stärke ziehen? Aus dem Fitnessstudio? Von Ihrem Bankkonto?

Glaube zeigt sich in Geduld. Im Aushalten. Ja, ich glaube, trotzdem. Trotz Tod. Trotz Leiden. Ich glaube wegen Christus.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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