Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Maiandacht 2025

16/05/2025 


Die Predigt zum Anhören

Maiandacht 2025

Predigt in Marktheidenfeld St.-Laurentius am 16. Mai 2025

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Maria betet.

Aber was betete Maria? Nicht den Rosenkranz, das ist sicher. Auch keine eucharistische Anbetung und keinen „Lobpreis“. Maria hat wohl die Psalmen gebetet.

Die stehen auch im „Gotteslob“. Nicht alle 150, aber doch erstaunlich viele. Die Bischöfe haben also gewollt, dass die Gläubigen die Psalmen beten. Was im „Gotteslob“ steht, ist ganz gewiss erlaubt und auch gewünscht (das gilt übrigens auch für die paar Stücke lateinischen Chorals, die Aufnahme in das Gesangbuch gefunden haben.)

Im „Stundengebet“ der Kirche werden vor allem die Psalmen gebetet, so über den Tag verteilt, dass der ganze Tag von Gebet durchzogen wird. Das Stundengebet, sagt das Konzil, ist „die Stimme der Kirche“. „Die Seelsorger sollen darum bemüht sein“, dass besonders die Vesper „in der Kirche gemeinsam gefeiert“ wird. So gibt es das Konzil vor. „Auch den Laien wird empfohlen, das Stundengebet zu verrichten, sei es mit den Priestern, sei es unter sich oder auch jeder einzelne alleine [1].“

In der Messe haben die Psalmen ebenfalls ihren festen Platz, wenn es nach dem Konzil geht: „Auf die Lesung folgt der Antwortpsalm, der ein wesentliches Element des Wortgottesdienstes ist [2].“ So gesehen ist das Konzil in den meisten Gemeinden der Gegend noch immer nicht angekommen.

Wer die Lehren der Kirche ernst nimmt, fängt also an zu beten, wie Maria gebetet hat. Wie Jesus gebetet hat. Und die Apostel. Wie die Juden bis heute beten. – Maria und Josef, die Apostel, die Frauen des Ostermorgens und Jesus selbst waren Juden und Jüdinnen; daran muss man in dieser Zeit und in diesem Land wieder erinnern. Katholisch sein und antisemitisch sein schließen einander aus.

Wie hat Maria wohl gebetet? Wer die Psalmen betet, immer und immer wieder, der braucht kein „Thema“. Warum braucht jeder Gottesdienst heute ein besonderes Motto? Reicht „Eucharistiefeier“ nicht! Kann man nicht einfach mal machen, das was dasteht? Ich habe schon mit dem Evangelium und der Eucharistie übergenug zu tun: Kommen, dabei sein, mich öffnen, aufmerksam sein, jedes Wort hören, jedem Wort gerecht werden wollen, das ist so viel, dass ich nicht auch noch ein Motto brauche. Das Letzte Abendmahl hatte auch kein Thema, das irgendwer erst erarbeiten musste.

Ich stelle mir vor, dass Maria einfach gebetet hat; so tief, so oft, so frei, dass sie gar nicht mehr wusste, wann sie betete und wann nicht. Das sagt man ja von den Heilligen: Sie wissen nicht mehr, dass sie beten; so wie wir nicht mehr wissen, dass wir atmen. Wir atmen einfach. Maria betet einfach. Sie betritt den großen, weiten Raum des Gebetes und bleibt darin. Man kann sich im Gebet aufhalten. Darin bleiben.

Es gibt einhundertfünfzig Psalmen. So viele Verse, so viele Wörter! Sie können gar nicht bei jedem Wort konzentriert sein. Andacht ist etwas anderes als Konzentration. Andacht ist mehr als eine Gedankenleistung. Es ist auch ganz natürlich, dass Sie nicht mit jedem Psalmenwort in jedem Moment etwas anfangen können. Sie können auch nicht alles gleich verstehen.

Es genügt, darauf zu achten, welches besondere Wort Ihnen diesmal gegeben wird. Ich versichere Sie: Es ist eines dabei, für Sie, genau in dieser Stunde. Ihr Wort aus dem langen oder kurzen Psalm, gegeben vom Heiligen Geist.

Bedenken Sie auch dies – denn dann wird es leichter –: So viele, so viele Menschen haben vor Ihnen die Psalmen gebetet. Wenn Sie die Psalmen beten, wie es die Kirche will, tauchen Sie ein in einen gewaltigen Strom des Gebetes, der über Jahrtausende hingeht. Sie beten genau das, was Maria gebetet hat. Was der Herr selbst gebetet hat. Vielleicht ist ein Psalmvers gerade nicht Ihr Vers, aber es ist ganz gewiss Seiner. In den Psalmen hören Sie Jesus und seine Mutter beten. Und die Kirche. Die Kirche betet. Sie hat eine Stimme. Die hören Sie in den Psalmen. – Wenn es z. B. jetzt gleich heißen wird „Behüte mich Gott, denn ich vertraue dir. / Ich sage zum Herrn: Mein ganzes Glück bist du allein“, dann können das Ihre Worte sein. Es können aber auch die Worte Jesu an den Vater sein, die Worte Marias an Gott, und die Kirche kann zu Gott hin sagen „Du bist mein Herr, mein ganzes Glück bist du allein.“ Merken Sie, wie reich an Möglichkeiten und Stimmen das Gebet so wird?

Von den Aposteln heißt es: „Sie alle verharrten einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und mit Maria…[3]“ Das war in den Tagen vor Pfingsten. Dann kam der Heilige Geist auf sie herab, und seither hat in der Kirche das Gebet nie mehr aufgehört. Irgendwo auf der Welt betet immer eine Christin oder ein Christ oder mehrere gemeinsam. So wie wir heute Abend. Wir beten zusammen mit Maria. Und mit Ihm.

[1] II. Vatikanisches Konzil, Liturgiekonstitution, § 99 und 100.

[2] Allgemeine Einführung in das Messbuch, § 36.

[3] Apg 1,14.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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