Zweiter Adventsonntag (Lesejahr C)
Zweiter Adventsonntag (Lesejahr C) Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes „Worauf wartest Du?“ – Das Mail einer Freundin aus Wien begann mit dieser Frage. „Worauf wartest Du?“ Ich wusste die Antwort sofort: Ich warte auf den Tod. Schon weil die Frau nicht gläubig ist, wohl auch weil sie noch zu jung ist, kam nach der ersten Frage keine zweite mehr. Sie hätte ja noch fragen können: „Und dann? Nach dem Tod?“ – „Ich warte auf den Tod und dann auf die Begegnung mit Christus.“ Das wäre die ganze Antwort gewesen. Mein Leben lang warte ich. Als Bub auf Weihnachten, dann auf die Sommerferien, später auf die große Liebe, dann auf die Rückkehr der großen Liebe, noch später auf das Ende der schrecklich mühsamen Doktorarbeit, irgendwann auf die Pensionierung: endlich keine Sitzungen mehr, endlich keine Bräute mehr, die dich behandeln, als seist du ein Party-Service. Das ist vorbei, und ich warte weiter. Johannes ist nur dazu auf der Welt um zu warten. Das ist der ganze Karriereplan dieses Mannes. Johannes muss nichts werden, er ist schon etwas: der Vorläufer. Ohne Jesus ist dieser Mann nichts. Andere Menschen müssen etwas werden, Abteilungsleiter oder Vorstandschefin. Es gibt Priester, die wollen unbedingt Bischof werden. Eines Tages sind sie dann „Altbischof“, und kein Hahn kräht mehr nach ihnen. Von Johannes sagt Jesus: „Er ist der größte, der je geboren wurde.“ Da kann der Vorstand von Volkswagen einpacken. Johannes ist der Vorgänger; dann kommt der Nachfolger, der „Messias“. Ganz zum Schluss kommt eine rachsüchtige Frau, die irgendeinen Schlägertypen ruft und ihm sagt: „Schneid Johannes den Kopf ab!“ Johannes wartet in der Wüste, er wartet am Jordan, er wartet im Gefängnis. Den Messias hat er längst gefunden, es ist alles gut. Im Advent sagen die Priester den Leuten: „Ihr müsst warten! Auf den Erlöser, aufs Christkind.“ Wissen die nicht, dass die Leute schon das Wort „Warten“ nicht hören können? Die armen Leute warten im Stau, in der Schlange, auf den Bahnsteigen (Danke, liebe Verkehrsminister!), sie stecken in der Warteschleife und kriegen so einen Hals. Warten müssen ist Scheiße. Oder? Oder? Wie ich höre, werden die Grenzen zwischen den Geschlechtern fließend; es scheint mehr zu geben als Mann und Frau. Aber es ist schon noch so, dass nur Frauen schwanger werden können. Ich kann also nicht wirklich mitreden, denn ich bin keine Frau; trotzdem behaupte ich: Am Anfang ist das Warten. Neun Monate lang warten die Eltern auf den neuen Menschen. Ist das Warten also wirklich nur lästiger Blödsinn? Ein wenig Umdenken darf schon sein in der Sonntagsmesse. Sie könnten manches auf eine neue Weise sehen. Zum Beispiel so: Vorläufer sein, also für einen anderen leben, auf einen anderen hin, das ist nicht schlimm. Man muss nicht im Mittelpunkt stehen. Es kann auch ein anderer die Hauptperson sein. Und ein Zweites: Warten ist nicht immer doof. Es ist notwendig, manchmal sogar schön. Also einfach mal warten, ganz bewusst. Könnten Sie das? Ein Priester wartet im Beichtstuhl, dass wer kommt. Eine Frau wartet am Fenster, bis sie die Lichter des Autos sieht und weiß: Er ist gut zurück. Beter warten vor der Monstranz mit dem Allerheiligsten. Paulus wartet im Gefängnis wie Johannes. Verliebte warten auf dem Bahnsteig, Kinder auf Weihnachten. Manchmal ist Warten schön. Wer wartet, lernt das Vielleicht des Lebens kennen. Du weißt ja nicht, wie das Warten ausgeht. Vielleicht war’s umsonst. Wer wartet, erfährt, wie machtlos er ist, denn er ist abhängig von dem, der kommen wird. Wer wartet, ist nie der King. „Als die Zeit erfüllt war“ (Gal 4,4), steigt Gott herab vom hohen Thron. Gott wird Mensch: Weihnachten. Darauf haben viele Generationen gewartet, jahrhundertelang. Auf den Abstieg Gottes; „Entäußerung“, wie es in der Bibel heißt. Weil Gott hinuntersteigt zu den Wartenden, muss auch ein Christ absteigen. Der Weg führt hinunter, erst einmal. Wie der Weg Jesu. Ist Ihnen das klar? Das erste Weihnachten ist vorbei, nun wartet Gott. Aber wartet jemand auf Ihn? Wartet Hafenlohr / Tiefenthal auf Gott? Mit den Jahren habe ich gelernt, dass zum Beten auch das Warten gehört. Die meisten meinen, Beten sei das Aufsagen von Anliegen. Aber was, wenn Sie alle genannt haben, die Ihnen am Herzen liegen? Was, wenn der Rosenkranz um ist? Hört dann Ihr Gebet auf? Sie könnten doch einfach mal warten. Warten auf Gott. Das wäre auch Gebet. Dasitzen und warten auf Gott, sehen, was geschieht. Wer nur Bitten aufsagt, verändert sich selbst nicht; wer wartet, kann Gott begegnen. Da bleibt keiner, wie er war. Aber Warten erscheint Ihnen vielleicht als vertane Zeit. Wer wartet, der leistet ja nichts, so scheint es. „Ich habe gestern Abend Geschenke verpackt“, sagt sich viel leichter als: „Ich habe gewartet.“ Aber machen Sie doch mal was, was die Leute nicht verstehen. Einfach mal warten. Auf Gott. FÜRBITTEN „Gerechtigkeit und Herrlichkeit.“ Mit diesen Worten wird das neue Volk Gottes beschrieben (1). „Denn Gott führt Israel heim in die Freude (2).“ Paulus wartet im Gefängnis und betet dort für seine Gemeinde. Paulus weiß, dass er auf den Tod zugeht, aber er vertraut weiter auf Gott. Das Evangelium zeigt uns, wo das wahre Zentrum der Welt ist: Nicht bei den Mächtigen in Rom. Auch nicht in Moskau oder Washington oder Peking. Morgen (Heute) wird in Notre-Dame in Paris wieder die Hl. Messe gefeiert. Christus, heilige unsere zweite Adventwoche: unsere Beziehungen, unseren Arbeitsplatz, unsere Freizeit, unsere Nächte. Vater, befreie die Welt von Männern und Frauen, die über die Leichen von Kindern gehen. Gib den Ländern, die im Krieg sind, Frieden. Wir geben unsere Toten in deine Hände, Vater. (1) Baruch 5,4. (2) Baruch 5,9. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
Predigt am 08. Dezember 2024 in Tiefenthal
Heiliger Geist, lass die ganze Gemeinde Hafenlohr (Tiefenthal) zurückkehren zu Gott.
Wir beten um Gottvertrauen und Zuversicht, für uns und für alle, die Angst haben.
Christus, schenke deinen Gemeinden Männer, die beten.
Wir beten für alle, die am Ende sind.
In der Wüste ergeht der Ruf an Johannes. Und die Geschichte des Heils beginnt.
Heiliger Geist, lehre uns die Welt richtig zu sehen.
Wir danken Gott für dieses Zeichen. Er vergelte allen, die bei dem großen Werk geholfen haben, auch den deutschen Handwerkern.
Gott belebe die Kirche in Frankreich.