Dritter Fastensonntag – Predigt in Oberndorf
Dritter Fastensonntag (Lesejahr A – Joh 4,5-42) Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Ich habe noch nie Durst gelitten. Also wirklich gelitten. Ich kann mich riesig freuen über ein Glas Wasser im Hochsommer. Noch mehr auf: Feierabend. Bier. Aber Durst haben und mit Freude trinken ist nicht dasselbe wie Durst leiden. Um dieses Evangelium angehen zu können, müssen Sie sich an einen Durst erinnern, den Sie gehabt haben. Sonst können Sie gar nicht mitreden. Es ist ein ziemlich langes Evangelium heute, aber in Summe doch nur ein kurzes Gespräch zwischen einem Mann und einer Frau, einem Juden und einer Samariterin. Zwei Religionen. Die Juden können die Samariter nicht leiden und umgekehrt: das Ãœbliche. Vor 2000 Jahren, für die ersten Hörer dieses Evangeliums war die Szene unerhört. Ein jüdischer Rabbi plaudert nicht mit einer Frau, schon gar nicht mit einer Samariterin. Jesus tut es. Aber das ist nicht der eigentliche Punkt. Viel wichtiger: In diesem Gespräch geschieht eine Verwandlung. Die beiden beginnen bei einem Schluck Wasser, dann reden sie komplett aneinander vorbei, und schließlich hat die Frau eine ungeheure Entwicklung durchgemacht. Am Ende ist sie fort, und da steht nur noch ihr Wasser-Krug. Sie braucht ihn nicht mehr. Sie hat jetzt die Quelle, die Wasser für das ewige Leben ausströmt. D. h. sie hat erkannt, wer Jesus ist. Sie ist gläubig geworden. Doch der Reihe nach (der Reihe nach ist immer gut). Er hat Durst, sie hat Wasser. Dann geht es sehr schnell weiter. Jesus spricht plötzlich vom „Wasser für das ewige Leben“. Steigen Sie hier nicht gleich aus, bloß weil Sie „ewiges Leben“ hören! – Die Frau wird hellhörig und stellt Fragen. Jetzt geht es um einen ganz anderen Durst als den an einem heißen Sommertag. Jetzt geht es um die Frage: Nach was dürste ich? Ich weiß, dass Sie so nicht sprechen würden, aber Sie wissen, was gemeint ist. Nach was dürste ich? So fragt heute kein Mensch. Heute wollen alle achtsam sein, sich spüren, ihre Mitte finden. Tiefenentspannte Ruhe und Zufriedenheit. Das kann man lernen. In „Instituten für Achtsamkeit und Meditation“ (gibt es wirklich!), in Rehakliniken, bei Psychologen, Coaches, im Wellness-Hotel, in Klöstern und auf Youtube. Dort lernen Sie, sich zu beruhigen, zu entspannen, nichts mehr zu begehren. Hier, bei Christus, lernen Sie, Durst zu haben. Lebensdurst. Glaube macht lebenshungrig. Also, nach was dürsten Sie? Nach einem eigenen Haus? Gut. Aber warum, was steckt dahinter? Der Durst nach Sicherheit? Der Durst nach der Bewunderung der Leute? „Die haben ein Haus gebaut! Ist schon bezahlt!“ Nach was dürste ich? Ein eigenes Haus wäre schon toll, aber ich kann auch ohne. Ich dürste manchmal nach Ruhe. Also Abwesenheit von Blödsinn. Oder nach einer Berührung. Schwierig für einen Priester. Oder nach Beifall. Was sehr läppisch ist. Ich dürste sicher nach einem Menschen, der mich wahrnimmt, wie ich wirklich bin. Der mich erkennt. Aber ich weiß längst: Die Leute sehen nur, was sie sehen wollen. Nur Gott erkennt mich wirklich. So dürste ich nach Gott. Darf man das überhaupt sagen? Heute dürste ich nach Gott, morgen will ich von Gott nichts wissen. Und die Frau? Wonach dürstet die? Wir erfahren, dass sie bereits den fünften Mann hat. Dürstet sie also bloß nach Sex? Ist das Leben so einfach? Die Frau dürstet nach etwas anderem, vielleicht weiß sie selbst nicht genau, wonach; es ist schwer, sich zu kennen. Jedenfalls bleibt sie dort am Brunnen, um weiter mit diesem fremden Mann zu reden, Jesus, der ganz offenbar nicht mit ihr ins Bett will. Das Gespräch mit Jesus bewirkt in ihr Klarheit. An diesem Mittag verändert sich ihr Leben. Vielleicht ist dies das Schönste an diesem komplexen Evangelium, wenigstens für uns Heutige, die nicht besonders fromm oder gläubig sind: Wie wunderbar Jesus dieses Gespräch führt! Er beginnt es, es ist seine Initiative. Er ist voller Achtung für die Frau, er ist ruhig, aber klar auf sein Ziel hin. – Beten Sie um Seelsorger*innen, die so reden und zuhören können! – Jesus schafft einen Raum. Einen Raum aus Fragen, Antworten, Erinnerungen, Geschichten, verschiedenen Ebenen. Brunnen vor der Stadt – Wasser für das ewige Leben. Warum macht er das? Um der Frau Platz zu geben, eine geistige Heimat. Der Glaube braucht Raum und Zeit, um seinen Weg zu machen. Im Gespräch führt Jesus die Frau den Weg der Erkenntnis. Gefiele Ihnen das: zu erkennen? Jetzt ist sie es, die Durst hat. Sie hat Sehnsucht nach dem Wasser für das ewige Leben. Der hl. Johannes, der das aufgeschrieben hat, ist nicht immer leicht zu verstehen. Was meint er mit Wasser für das ewige Leben? Aus Jesus strömt der Heilige Geist. Wie frisches Wasser. Wer an Jesus glaubt, weiß das. Später wird es heißen: „Aus seinem geöffneten Herzen entspringen die Sakramente der Kirche.“ Als der Soldat das Herz Jesu aufsticht mit der Lanze, strömen Wasser und Blut heraus. Die Taufe und die Eucharistie strömen aus Jesus hervor. Mit anderen Worten: neues, göttliches Leben. Was ist der allertiefste Durst des Menschen? Vielleicht dies: Neu zu leben. Neu und endlich anders. Einfach nur noch danken, anbeten, jubeln. Würde Sie das glücklich machen? Selig? Um Zugang zu dieser Quelle Jesus zu haben, braucht es nur eines: den Glauben. Der Geist Jesu erneuert den Menschen und bringt ihn mit anderen Menschen zusammen. Es entsteht eine Gemeinschaft. Die Gemeinschaft der Gläubigen. Wo wirklich geglaubt wird, geht es nicht mehr um Jerusalem, Samaria, Rom, NN… Wo wirklich geglaubt wird, geht es nur noch um Lob und Dank. Alle werden Gott anbeten: Darauf geht es hin. Nicht auf den Weltuntergang. Zu hoch? Zu fromm? Was soll ich tun? Das Evangelium in die Ecke hauen? Nur noch sagen: Seid nett zu einander? Es gibt so viel mehr im Leben als Nettigkeit! Es geht darum, dass Sie Ihren Lebensdurst entdecken. Dass Sie wie die Frau am Brunnen das Andere erkenne, Ihr Herz z. B., Ihren Geist, Ihre Sehnsucht. Noch besser: den Himmel, die Ewigkeit. Den Vater im Himmel. FÃœRBITTEN Wir sagen Gott ein paar unserer Bitten. Vater, wir danken Dir für das Wasser. Wir beten für unsere Nachbarn. Fasten und Verzicht können uns zeigen, wonach wir wirklich dürsten. Das Volk in der Wüste vertraut Gott nicht mehr. „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unseren Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ Wir beten um Frieden. Die Frau am Brunnen und die Leute aus dem Dorf kommen zum Glauben an Jesus. – Wir beten für unsere Kinder und für unsere Freunde: dass sie zum Glauben finden. Wir beten für die Väter der Kommunionkinder. Die anderen sind uns oft fremd. Wir vermissen die vollkommene Liebe. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
Predigt in Oberndorf am 11. März 2023
Wir beten um den Schutz der Meere. Um sauberes Trinkwasser für alle Menschen. – Wir beten in Stille.
Wir beten um eine gute restliche Fastenzeit.
Vater, lass mich zurückkommen zu Dir.
Heiliger Geist, mach, dass wir uns gegen diese Liebe nicht sperren.
Heiliger Geist, mache uns liebevoll.