Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Von Regensburg nach KwaZulu-Natal

09/12/2022 


Pater Gerhard KwaZulu Natal BB

Er hat es sich nicht leicht gemacht. Doch scheint er mit Leichtigkeit den großen Herausforderungen in einer der ärmsten Regionen der Welt zu begegnen. Sein Glaube stärkt und begleitet ihn. Pater Gerhard, Gründer und Präsident der Brotherhood of Blessed Gérard, der Hilfsorganisation der Malteser in Südafrika, im Gespräch.

Pater Gerhard, Ihr Lebenslauf liest sich zunächst ganz gewöhnlich …

(Pater Gerhard lacht). Ja, ich bin ja auch ein ganz gewöhnlicher Mensch. Vielleicht mit dem Unterschied, dass es mich an einen Zipfel der Welt verschlagen hat, wo Menschen große Not leiden. Aber zunächst bin ich als gebürtiger Bayer in Regensburg in einer gut katholischen Familie aufgewachsen, ins Gymnasium gegangen und hab‘ – wie jedes andere Kind auch – mit meinen Geschwistern Unfug getrieben.

Dennoch sind Sie sehr frühzeitig im Bereich der Seelsorge, im Kümmern um die Anderen, gelandet. Wie kam es dazu?

Ich wollte einmal Arzt werden. So habe ich schon mit 14 begonnen, im Krankenhaus ein Praktikum als Helfer zu machen. Bald darauf habe ich mich beim Malteser Hilfsdienst zum Sanitäter ausbilden lassen. Und immer wieder habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, mit den Menschen zu sprechen. Stundenlang bin ich an den Betten der Menschen gesessen – mal schweigend, mal zuhörend, mal Fragen stellend. Wichtig war den Menschen vor allem, sagen zu können, was ihnen am Herzen lag und um Vergebung bitten zu können. Aus meinem Wunsch, Arzt zu werden, entwickelte sich dabei der Wunsch, Arzt für die Seele zu werden.

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Dennoch haben Sie nicht Psychologie studiert, sondern Theologie. Warum?

Ich fand eine starke Begeisterung für die Theologie, und mit jedem Tag ist meine Überzeugung gewachsen. So wurde ich dann 1982 im Regensburger Dom zum Priester geweiht. Im Juni 2022 feierte ich dort mein 40-jähriges Priesterjubiläum.

Vor der Weihe zum Priester gab es noch ein paar andere, wichtige Stationen: zum Beispiel das Priesterseminar Regensburg oder den Eintritt in einen Orden.

Vor dem Studium war ich noch berufstätig gewesen, hatte gut in einer Führungsposition verdient.

Die Nachfolge-Perikopen der Hl. Schrift haben mich sehr persönlich und direkt angesprochen, dass ich in Erwägung zog, in einen Orden einzutreten. In intensiven Gesprächen habe ich mich aber immer wieder gefragt, was Gott wohl von mir möchte. Eine spätere Äbtissin hat mir eines Tages auf diese/meine Frage geantwortet: „Dich will er.“ Das war für mich so klar, so direkt und so konkret, dass es erstmals für mich verständlich wurde: Gott will mich so, wie ich bin.

Ihre Entscheidung bei der Ordenswahl fiel auf die Missions-Benediktiner. Warum?

Es war Liebe auf den ersten Blick, ideal das Zusammenspiel der Aufträge: Missionierung, Seelsorge und das Medizinische, die Pflege – ganz gleichwertig und harmonisch, die perfekte Synthese von Kontemplation und Mission.

Wann kam der Ruf nach Südafrika?

Das war 1987.  Nach einer dreijährigen Kaplans-Zeit habe ich die Aufgabe als Gemeindepfarrer in Mandeni übernommen. Das ist eine Stadt in der Provinz KwaZulu-Natal. Hier leben gut 80 Prozent der knappen Viertel-Million Menschen unter der Armutsgrenze, rund 75 Prozent der Bevölkerung waren 2004 HIV-infiziert. Als Malteser habe ich vor Ort die Südafrikanischen Malteser als Verein gegründet, der zur Selbsthilfe, Selbstständigkeit und zur Selbstbestimmtheit befähigen sollte. Er trägt den Namen „Brotherhood of Blessed Gérard“ zu Ehren des Gründers der Malteser, des Seligen Gerhard. 

Wie groß ist die Brotherhood?

Sie bestand anfangs aus fünf Gründungsmitgliedern, mich eingeschlossen. Heute sind es mehr als 2.600. Wir sind ein genuin südafrikanische Organisation, d.h. wir Südafrikaner helfen Südafrikanern in Südafrika. Wir finanzieren unsere Dienste durch Spenden aus Südafrika, vor allen auch aus Europa und dem Rest der Welt. Wichtig ist jede Möglichkeit, um über die Organisation, ihre Struktur, worum es uns geht – und worum nicht! – berichten zu können.

Was berichtet die Brotherhood?

Die Dienste unserer Organisation und ihrer Mitglieder haben ihren Mittelpunkt im „Blessed Gérard’s Care-Zentrum“. Dort betreiben wir vielfältige einander ergänzende karitative Projekte und Programme:

  • Gesundheitspflege Projekte: AIDS-Hilfe, Hospiz, Krankenhilfsfonds
  • Kinderpflege Projekte: Kindergarten, Kinderheim, Hungerhilfe, Stipendien-Fonds
  • Nothilfe und Sozialprojekt: Nothilfe-Fonds

Alle unsere Dienste wurden nicht am Reißbrett entwickelt, sondern waren jeweils eine beherzte und wirksame Antwort auf konkrete Notsituationen vor Ort, denen anderweitig nicht oder nicht hinreichend begegnet worden war. Wir tun nur, was andere nicht oder nicht in ausreichender Weise tun. Wir sind auch keine sozial-unternehmerische Einrichtung, die ihre Kosten in Rechnung stellt. Fast all der uns Anvertrauten sind bettelarm und nicht krankenversichert. Deshalb müssen wir unsere Unkosten rein aus Spenden und Zuschüssen decken.

Deshalb sind wir auch nicht böse, wenn ein Dienst nicht mehr nötig ist.

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Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?

Ein solches Projekt ist etwa die Nähschule, die über die Brotherhood entstanden ist. Sie wurde von uns eröffnet und ist sehr erfolgreich, weil damit innerhalb kurzer Zeit wertvolle neue Arbeitsplätze entstanden sind. Als mehrere unserer Absolventinnen dann eigene Nähschulen eröffnet haben, zogen wir uns zurück und sind stolz auf die gelungene Hilfe zur Selbsthilfe, als diese dann diese Aufgaben selbständig und in Eigenregie übernommen haben.

Anfangs haben wir auch im Rettungsdienst ausgeholfen, weil der staatliche Rettungsdienst überfordert war. Der ist aber heute sehr viel besser aufgestellt und organisiert ist als früher und es gibt mittlerweile auch zahlreiche hochqualifizierte Privatanbieter. Als sich diese Entwicklung abgezeichnet hat, haben wir uns sofort zurückgezogen, denn wir wollen – wie gesagt – niemals in Wettbewerb zu lokalen Unternehmen und Dienstleistern stehen. 

Wo fühlen Sie sich zuhause? In Regensburg oder in Südafrika?

Der Regensburger Dom und die Erzabtei St. Ottilien sind und bleiben für immer meine Heimat, aber zuhause bin ich in Südafrika. Ich fühle mich als Zulu, spreche die Sprache und verstehe sie, nur mein Akzent verrät mich manchmal (lacht).

Wie verhält es sich mit dem Thema Religion?

Christen sind in Südafrika eine Minderheit. Es gibt viele unterschiedliche Glaubensgemeinschaften, Religionen und eine Unmenge von Sekten, die in Südafrika mit- und nebeneinander leben.
Am verbreitetsten sind der traditionelle Ahnenkult und Geisterglaube. Es gibt auch zwei Glaubensgemeinschaften mit mehreren Millionen Mitgliedern, von denen eine den Ahnenkult und die Geisterbeschwörungen mit christlichen Symbolen durchführt und deshalb oft fälschlich als christlich eingestuft werden, und eine zweite große Gruppe von Anhängern, die sich um einen Zulu schart, der sich als Messias ausgibt. Unter der aus Indien eingewanderten großen Bevölkerungsgruppe ist der Islam und der Hinduismus vorherrschend.

Wir respektieren natürlich die Gewissensentscheidung und religiösen Überzeugungen jedes Einzelnen. Wir verbreiten den christlichen Glauben durch unser gelebtes Beispiel und natürlich auch in der Glaubensverkündigung und freuen uns, wenn jemand sich von sich aus auf den Weg begibt, ein Christ zu werden. Es ist mir jedes Jahr in der Osternacht eine besondere Freude eine größere Gruppe von Menschen, zumeist aus unserem eigenen Kinderheim, taufen zu dürfen.

Wo sehen Sie im Moment die größten Herausforderungen?

Sie sind zahlreich. Was sich aber wie eine Konstante schon seit Jahren durch unsere Arbeit zieht, sind die Themen AIDS und Kinder. Wir sind sehr aktiv in der Bekämpfung von AIDS und hoffen, die Behandlung mit Medikamenten noch lange fortsetzen zu können. AIDS-Medikamente müssen lebenslang genommen werden. Es dauert etwa ein halbes Jahr bis die Patienten stabil sind und dann auch tatsächlich mit hoher Lebensqualität mit der Erkrankung leben können. Leider gibt es auch immer wieder Kinder, die bei der Geburt mit dem HI-Virus infiziert wurden. Für sie und alle anderen AIDS-Patienten sind die AIDS-Medikamente, die wir ihnen geben, lebensrettend, d.h. AIDS ist kein Todesurteil mehr, sondern eine behandelbare chronische Krankheit.

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Was ist mit den Kindern?

Vermutlich 90 Prozent der Kinder, die hier geboren werden, sind unehelich. Viele Mütter setzen ihre Kinder aus Verzweiflung aus. Einmal wurde ein Neugeborenes im Gebüsch gefunden. Es hatte noch die Nabelschnur und den Mutterkuchen dran. Heute ist dieses Kind ein junger Mann und hat unser Kinderheim verlassen. Diese Geschichte ist also gut ausgegangen. Viele Kinder, die zu uns kommen, wurden in ihren Dörfern schwer misshandelt und geschlagen. Vergewaltigungen sind dort an der Tagesordnung. Es herrscht immer noch der Irrglaube, dass Geschlechtsverkehr mit Jungfrauen von AIDS heile. Daher kommt es sogar zu Vergewaltigungen von Babys. Es ist unvorstellbar.

Kann man bei euch mitarbeiten oder ein Kind adoptieren oder wie sonst kann man vor Ort helfen?

1. Wir haben ausreichend eigenes einheimisches Fach- und Hilfspersonal.

Um als Arzt oder Ärztin oder Gesundheits- und Krankenpfleger/in vor Ort arbeiten zu können, ist eine Approbation in Südafrika erforderlich, die in der Regel nicht erteilt wird.
Es gibt aber einen Freiwilligendienst für Ausländer/innen: https://www.bsg.org.za/so-koennen-sie-helfen/freiwilligendienst.html bzw. https://www.orderofmaltavision2050.com/o/Brotherhood-of-Blessed-Gerard/opportunities/Volunteering-at-Blessed-Gerards-Care-Centre-South-Africa/55076
2. Kinder werden grundsätzlich nicht zur Adoption im Ausland freigegeben. Damit soll Menschenhandel von vornherein der Riegel vorgeschoben werden.

Außerdem ist Hilfe zur Selbsthilfe unser Ziel – und damit die Stärkung des Bildungsniveaus und des Selbstwerts der Menschen im Land.

Hilfe von außen ist in Form von Spenden an die Brotherhood sehr willkommen, um die Ausbildung der Menschen zu fördern, Fachkräfte zu schulen und sie auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben in wirtschaftlicher Unabhängigkeit zu begleiten.

Pater Gerhard T. Lagleder OSB ist Ehrenkonventualkaplan des Malteserordens. Als Missionsbenediktiner der Erzabtei St. Ottilien ist er seit 1987 Missionar im KwaZulu-Natal in Südafrika und hat dort 1992 die Brotherhood of Blessed Gérard gegründet. Nähere Informationen: www.bbg.org.za

Für die Ärmsten und Schwächsten

Die Arbeit der Brotherhood of Blessed Gérard, der Hilfsorganisation der Malteser in Südafrika, hat drei Schwerpunkte:

  • Im Rahmen der Hoch-Aktiven Anti-Retroviralen Therapie (HAART) werden bedürftige AIDS-Patienten kostenlos mit Medikamenten behandelt. Begleiterkrankungen werden präventiv oder akut behandelt. Darüber hinaus werden psychosoziale Beratung und seelsorgerliche Hilfe angeboten.Bilanz 2021:
    339 ambulante Behandlungen für
    625 Patienten in lebenslanger Behandlung
    961 Lebensmittelpakete für hungernde AIDS-Patienten
    145 Hausbesuche durch Therapieberater
  • Im Hospiz der Brotherhood, der größten stationären Einrichtung dieser Art in Südafrika, erhalten unheilbar kranke, bedürftige Personen medizinische Behandlung und Palliativpflege. Darüber hinaus werden die Familienangehörigen betreut und beraten. Mobile Pflegeteams machen Hausbesuche und führen notfalls Krankentransporte durch. Für Kranke, die sich die benötigte medizinische Behandlung nicht leisten können, steht ein Hilfsfonds zur Verfügung.Bilanz 2021:
    895 Beratungen durch Sozialarbeiter
    738 ambulante Behandlungen
    602 Lebensmittelpakete für hungernde Hauspflegepatienten
    52 Hausbesuche (Pflege)
    26 stationär aufgenommene Patienten
  • Die Kinder-Hungerhilfe, der Stipendien-Fonds und ein Kinderheim der Brotherhood bieten sozial benachteiligten Kindern und Waisen aus besonders armen Gebieten ein geregeltes Zuhause und die Möglichkeit zum Schulbesuch. Für unterernährte Kleinkinder gibt es Unterstützung über die Hungerhilfe. Mütter erhalten Beratung zu Fragen der Säuglingspflege, Ernährung und Hygiene.Bilanz 2021:
    330 Portionen Spezialnahrung für unterernährte Kinder
    337 Behandlungen an unterernährten Kindern
    60 Kinder im Kinderheim
    363 Stipendien an Schüler und Studenten

So können Sie helfen

Die Brotherhood bietet ihre Dienste kostenlos an, weil alle Patienten und Betreuten in größter Armut leben und nicht krankenversichert sind. Die Organisation ist daher auf Spenden angewiesen. Sie können die Brotherhood auf drei Arten unterstützen:

  • durch eine Förder-Mitgliedschaft
  • durch eine Spende zugunsten einzelner Projekte
  • durch ein Vermächtnis in Ihrem Testament zugunsten der „Bruderschaft des Seligen Gerhard e.V.“ oder der „Bruderschaft des Seligen Gerhard Stiftung“

Spenden an die Brotherhood sind steuerlich absetzbar. Nähere Informationen: https://www.bsg.org.za/so-koennen-sie-helfen/spenden.html

Wir sagen herzlich danke!

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

Johannesgasse 2 - 1010 Wien - Österreich | T: +43 1 512 72 44 | E: smom@malteser.at

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