Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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12. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C), 19. Juni 2022

19/06/2022 


Die Predigt zum Anhören

12. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C), 19. Juni 2022
Anleitung zum Verlieren des Lebens

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Anleitung zum Verlieren des Lebens:

Fahren Sie in der Kurve geradeaus.

Trinken Sie täglich eine halbe Flasche Schnaps. Zur Not ein paar Jahre lang.

Verlieben Sie sich in die falsche Frau oder den falschen Mann.

Machen Sie Bankrott. Nein, stopp. Das war früher. Da hatte sich ein Bankrotteur nämlich zu erschießen.

Wenn Sie das Leben verlieren wollen, können Sie natürlich auch einfach zuwarten. Irgendwann wird es schon kommen.

„Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.“

Jesus spricht heute vom Verlust des Lebens. Kein schönes Thema; wiedermal nichts für Kommunionkinder, katholische Jugendarbeit und die Gruppe Maria 2.0. Verlieren ist immer schlimm, tut immer weh. Da muss man nicht lange weiterfragen. Aber was ist das eigentlich, das Leben? Wann ist ein Mensch lebendig? Wenn der Kreislauf, die Organe, die Atmung usw. funktionieren und das Gehirn? Ärzte würden sagen: Ja, das reicht. Dieser Mensch lebt. Die Kapitalisten der alten Zeit würden das auch sagen. Für die brauchte die Arbeiterin keine Seele. Funktionierende Hände reichten schon. Heute denkt natürlich kein Mensch mehr so! Heute sind die Kapitalisten Menschenfreunde. Man muss Jeff Bezos nur in die Augen zu schauen, um das zu wissen.

Im Evangelium geht es bestimmt nicht nur um einen funktionierenden Körper. Leben bedeutet da doch eher Denken, Wollen, Entscheiden. Pläne, Beziehungen, Stellung in der Welt, lieb gewordener Besitz. Um das alles geht es beim Leben. Leben, das ist die Summe von alledem; Leben, das ist Körper und Geist, der Kern eines Menschen.

Und das alles sollen wir verlieren. Wir sollen bereit sein, das alles um Jesu willen herzugeben. In einem einzigen Akt geht das gar nicht. Es braucht dazu jeden Tag, jedes Jahr. Man muss es immer wieder tun. Mal dies hergeben, mal das verlieren: die eigenen Erfahrungen, die Erinnerungen, die Verletzungen und die Überzeugungen. Vielleicht auch Hoffnungen. Und Menschen! Manchmal muss man auch Menschen hergeben.

Diese Lehre ist bestürzend. Wir wollen behalten, nicht verlieren. Alle. Auch wenn es je nach Charakter, Lebensalter, Kultur unterschiedlich zugehen mag. Menschen wollen dieses ganze Leben besitzen, am besten jetzt gleich und für immer. Sie sollen es aber abgeben. Wozu? Um das echte Leben zu gewinnen. Das zu glauben, braucht viel Vertrauen und Wagemut.

„Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.“ Sie sollen also aufhören, auf Nummer sicher zu gehen. Ihm zuliebe. Das wird mit fortschreitendem Alter wohl nicht leichter… Aber erschrecken Sie nicht. Sie wissen ja längst, wie es geht. Wenn Sie z. B. Kinder haben, haben Sie ganz oft Ihre Pläne und Wünsche um der Kinder Willen hintangestellt. Sie haben verloren. Sie haben vielleicht Freundschaften verloren, weil sich kleine Kinder und Freundschaften nicht vertragen. Wenn Sie umziehen mussten, in eine kleinere Wohnung, dann haben Sie Besitz hergegeben. Wieder verloren. Oder wenn Sie verlassen wurden von einem Menschen, auf den Sie gezählt hatten. Im Beruf mussten Sie Pläne, die Sie gut fanden, aufgeben, weil die Chefin es anders sah als sie. Wir sind doch längst Leben-Verlierer. Vielleicht würde es schon genügen, das einfach zu akzeptieren. Einfach und leicht.

Damit ist es aber noch nicht ganz getan. Wir sollen ja das Leben für einen anderen verlieren. Nicht für irgendwen, sondern für Christus.

Es stimmt schon: In den Armen ist Christus gegenwärtig. Wer einem Kranken zwei Stunden seiner Lebenszeit opfert, der schenkt sie auch Christus. Dennoch braucht es das Explizite: „Um deinetwillen verliere ich diese Stunde, diesen Wunsch!“ – Für wen? Für den, dem es zusteht. Der es verdient hat. Der es fordern darf: Christus.

Ich kann verlieren, weil auch er verloren hat. Sie erinnern sich: „Er war wie Gott, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst…“ Das tut weh. Nicht umsonst steht das Wort vom Verlust des Lebens um Jesu Willen im Zusammenhang der Leidensankündigung.

Wir sollen das Leben verlieren. Aber nicht um des Leidens Willen. Das Ziel des Verlustes ist nicht der Schmerz, sondern die Einheit. Denn es heißt ja auch: „Vater, alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein.“ So verliert Jesus.

Es geht um die Erkenntnis, dass wer zu viel mitträgt, nicht mehr vorwärtskommt. Nicht bis zum Vater.

Also Verlieren. Weggehen. Was finde ich? Den Vater. Und was schenkt er uns? Uns selbst. – Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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