Montag der ersten Adventwoche, 29.11.2021
Montag der ersten Adventwoche, 29.11.2021 (Lesungen vom Donnerstag derselben Woche) Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Habe ich mich vielleicht doch angesteckt? Werde ich nächstes Jahr um diese Zeit noch am Leben sein? Werden meine Zähne halten? – Kein Mensch, der ein Quäntchen Mut und Verstand hat, wird behaupten, das Leben sei sicher. Nein, ist es nicht. Und doch heißt es: „Wir haben eine befestigte Stadt…“ Sie kommen nicht in die Malteser-Kirche, damit ein Pfarrer Sie auf die Unsicherheit Ihres Lebens aufmerksam macht. Aber wenn Ihnen einer Sicherheit verspricht? Sind Sie dann zufrieden? „Wir haben eine befestigte Stadt. Zu unserem Schutz baute der Herr Mauern und Wälle.“ Sie hören das und denken sich: „Ja, ja, die Bibel…“ Jeder weiß, dass die Bibel sich täuscht, und so nehmen Sie sie als Sammlung schöner Worte und kruder Geschichten, als Relikt aus sehr alter Zeit, irgendwie schon wahr, aber doch auch nicht. Jedenfalls nehmen Sie die Bibel nicht als das, was Ihren Montagmittag auf den Kopf stellen könnte. Wenn einer einen Sinn hat für die Unsicherheit des Lebens, dann ich. Ich fahre durch den Schneeregen und denke: In zwei Stunden haben wir eine Schneekatastrophe, ich werde tagelang in diesem vermaledeiten Mailberg eingeschlossen sein. Ich gehe zum Bäcker und denke: Die Croissants werden aus sein! Beim Gehen tut etwas weh und ich denke: Es ist so weit, ein Knie-Tumor. Sie lächeln und wissen doch, dass alles das genauso sein könnte, wie wir es fürchten. Und weil das so ist, sind Orte der Sicherheit so wichtig. Die „Komfort-Zonen“ wie sie heute sagen (das sind die Zonen, die man unbedingt verlassen muss). Können Sie sich vorstellen, wie es Menschen geht, die nirgendwo sicher sind? Und weil es solche Menschen gibt auf dieser Welt, ist es obszön (aber eben doch die Wahrheit) zu sagen: Der Lampenschein am Abend, die funktionierende Heizung, das Risotto am Herd, das gibt mir Sicherheit. Diese Kirche nicht? Nein, nicht mehr. Hier muss ich tapfer sein. Ruhe bewahren. Das ist der Stand der Dinge. Und dann höre ich: „Wir haben eine befestigte Stadt.“ Aus der Bibel. Wort Gottes, hat man mich gelehrt. Wort an mich und an Sie. Mehr als ein Kalenderspruch. Geheimnisvoll und handfest. Es ist unter Theologen aus der Mode gekommen, die Worte der Bibel zu deuten. Sie werden analysiert, aus ihrer Zeit heraus erklärt oder aus dem Satzbau; man misst ihnen eventuell einen gewissen moralischen Wert für uns heute zu, aber nicht mehr. Diese Art, die Bibel zu lesen, war einmal ein Fortschritt und muss sein. Aber was hindert uns, die Worte des Propheten Isaias einmal so zu behandeln wie früher? „Wir haben eine befestigte Stadt, zu unserem Schutz baute der Herr Mauern und Wälle.“ Die befestigte Stadt, das ist die Kirche; Mauern und Wälle, das sind die Sakramente. Die Kirche ist ein Werk Gottes, nicht das Resultat einer alten Männer-Verschwörung. Die Sakramente sind dazu da, uns Sicherheit zu geben. Sie schützen uns. Wie, wenn Sie die Beichte und die Kommunion und die Krankensalbung einmal wirklich so sähen: als Sicherheit und Schutz? Vielleicht auch gegen Viren und Schmerzen, mag sein, warum soll Gott nicht auch den Leib schützen oder heilen? Aber die Sakramente vor allem als Mauern und Wälle, Sicherheit und Schutz gegen die Sünde, die Ihnen sonst das Genick brechen wird. Woher die Idee, nur eine Pandemie, eine Inflation und die Clan-Kriminalität seien echte Gefahren? Es gibt Regungen, Strömungen, Ideen in Ihnen, die Sie von Gott abbringen. Die Sie Gott nicht näherbringen, sondern Sie von Ihm entfernen. Es gibt einen, der Sie am Boden sehen möchte, verdorben, verkommen, verzweifelt. Und er, der Gegner, der Ankläger, der Spalter versucht das mit Geld, mit Alkohol, mit Sex, mit brillanten Zeugnissen, gutem Ruf, wachem Verstand, Schönheit… Alles das steht zur Verfügung, um uns wegzuführen von Christus, so weit, dass wir ihn nicht mehr sehen und ihn vergessen und keine Hoffnung mehr in ihn setzen. Deswegen brauchen wir Schutz und Sicherheit. Die staatlichen Institutionen sollen darüber nachdenken, wie sie uns vor immer neuen Virus-Varianten schützen können. Die Kirche ist letztlich zu nichts anderem da, als uns davor zu schützen, verloren zu gehen. Dazu, liebe Freunde, gibt es die Sakramente, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser, das Avemaria, die guten Werke. – Und wer sagt: Ich kann doch nicht verloren gehen, ich nicht und auch niemand anderer, der kennt einfach das eigene Herz nicht und die Geschichte nicht. Der Mensch ist ein Abgrund. Sicherheit also. Mauern, Wälle, darauf die Engel und die Heiligen, damit wir in Sicherheit sind. Herrlich! Und da der Ruf: „Öffnet die Tore!“ Eine Stadt, die ihre Tore öffnet, wagt viel. Die Tore öffnen, Neues denken, Gott alles zutrauen und nicht nur das, was wir gerne hätten, die Zügel loslassen, der Sicherheit ins Gesicht lachen: Das ist ein spannender Moment. Die einen wagen es nie, die anderen tun es nur ganz vorsichtig, und wieder andere springen von Zehn-Meter-Turm. Und jauchzen dabei. Wir können es wagen, weil wir sicher sind. Weil wir stark sind. Die Kirche ist in Sicherheit und öffnet die Tore. Sie erinnern sich, dass der hl. Papst Johannes XXIII. genau das gewagt hat. „Damit ein gerechtes Volk einzieht, ein Volk, das dem Herrn die Treue bewahrt.“ Die geheiligte Menschheit. Die Kirche ist genau dieses „Volk, das dem Herrn die Treue bewahrt“. Das sind Sie selbst in all den Momenten, wo Sie dem Herrn die Treue bewahren. Überlegen Sie genau, immer wieder, auf was Sie setzen wollen. Auf Tricks und Finten? Auf die wichtigen Leute, die Sie kennen? Auf Instinkte? Auf Wissen? Wir waren auf der Suche nach der Sicherheit. Und finden Gott. „Du schenkst deinem Volk Ruhe und Frieden, denn es verlässt sich auf dich.“ Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
(Lesungen vom Donnerstag derselben Woche)