Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

Aktuelles

11. Sonntag im Jahreskreis (B), 13. Juni 2021

13/06/2021 


Die Predigt zum Anhören

11. Sonntag im Jahreskreis (B), 13. Juni 2021

(Aus technischen Gründen leider keine Predigt zum Anhören)

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Ich mag keine Fremden. Sie mögen auch keine Fremden. Fremde sind nicht faszinierend, sie machen einen nervös. Was haben die vor? Was wollen die hier? Warum sind die lauter als ich?

Als Mensch, als Demokrat, als Staatsbürger und Christ habe ich die Pflicht, jedem Menschen Achtung zu erweisen und seine Rechte zu verteidigen. Ich muss Notleidenden helfen, die Fremden, die da sind, gastfreundlich aufnehmen. Aber ich habe nicht die Pflicht, mich über die Fremden und die Veränderung meiner Heimat durch sie zu freuen. Ich muss ihre Küche nicht gut finden. Respekt langt völlig. Damit kann ein Land gut zusammenleben.

Die Achtung des Fremden fällt leichter, wenn klar ist: Wir sind selber Fremde. Paulus sagt das. „Wir sind immer zuversichtlich, auch wenn wir wissen, dass wir fern vom Herrn in der Fremde leben.“ Das heißt doch nichts anderes als: Wir gehören nicht hierher. Und wenn wir drei Weingärten und vier Häuser haben, in allen Vereinen gleichzeitig sind und Dialekt sprechen können: Christen gehören nicht hierher. Weil wir Fremde sind in dieser Welt. Unsere Heimat ist – im Himmel! Das sagt auch Paulus.

Die ersten Christen waren überall Fremde. Ihnen war das auch klar; sie konnten sich gar nichts vormachen. Außer vielleicht am Sonntag, wenn sie sich mit den anderen trafen. Draußen vor der Kirche waren sie keine Juden mehr, aber sie waren auch keine Griechen und keine Römer; sie waren einfach nur fremd. Deswegen sage ich: Schluss mit dem katholischen Österreich! Wenn es das je gab, das „katholische Österreich“, ist es sowieso längst fort. Gut so! Weil damit das Missverständnis nicht mehr wirkt. Der Denkfehler ist aus. Wir Katholiken sind auch hier in Österreich nicht zuhause. Der berühmte Chat Kurz-Schmid hat das neuerlich illustriert … Und damit sind wir den ersten Christen wieder nahe. Die Erfahrung des Fremdseins ist für Christen elementar. Weil sie sich sonst einrichten in dieser Welt. – Was sagt Ihnen z. B. die Abtei Melk, wenn Sie sie da liegen sehen? Sagt die: Wir sind unterwegs? im Aufbruch? wir kommen aus jener anderen Welt, von oben? Oder sagen Ihnen diese Abteien: Wir sind von hier, schon immer; wir gehören hierher?

Fremdsein, das erfahren Sie kaum hier in Mailberg. Eher wenn Sie verreisen. Vielleicht in ein Land, wo Sie nicht einmal die Schrift am Straßenschild lesen können. Oder wenn Sie irgendwo landen, wo alle Sie ablehnen. Oder wo Sie völlig gleichgültig sind. Für alles andere braucht es schon Fantasie oder die Geschichte. Nur noch ganz wenige alte Mailberger wissen, wie das ist, wenn man fliehen muss und irgendwo ankommt. Irgendwo.

Fremd ist der, der nicht versteht; der keinen garantierten Platz hat; der weiter muss; der neu ist; der einsam ist. Fremd wird der, der alt wird. Ein Kind ist nach zehn Minuten Teil der Bande; der alte Mann geht allein nach Haus.

Fremd ist der, der stärker ist. Weil er sich nicht an Dinge klammert, die vergehen. Der Fremde ist freier als andere. Mutiger, beweglicher. Einfach weil er muss und weiß: So ist das Leben.

Die fremden Christen… Abraham muss seine Heimat aufgeben, Joseph muss mit Maria und dem Kind fliehen, die Apostel müssen raus zu allen Völkern. Die irischen Missionare fahren in kleinen Booten über zwei Meere, um den Germanen oder wer immer sich da herumtrieb das Christentum zu bringen. Die französischen Nonnen gingen nach Afrika, um denen dort den Glauben zu bringen. Aber vor allem die französische Kultur. Und heute suchen fundamentalistische US-Missionare nach den letzten Eingeborenen, um ihnen Jesus zu bringen und ein paar neue Viren dazu. Und so meinen inzwischen viele Menschen, es wäre besser gewesen, das Christentum hätte sich nie verbreitet. Besser, die Germanen hätten weiter zum Hammergott gebetet und die Azteken hätten weiter Menschenopfer gebracht. Wirklich? Dennoch, die Frage bleibt: Was ist von Christen zu halten, die in die Fremde aufbrechen? Wollen sie dort heimisch werden oder von Christus sprechen? Beides ist keineswegs dasselbe.

Das Fremdsein von dem Paulus spricht, meint kein Trainingsprogramm zur Charakterertüchtigung und nicht das Motiv, die eigene Kultur in die Fremde zu transportieren. Paulus meint die prinzipielle, unheilbare Fremdheit, die währt, solange wir hier in dieser Welt sind: „fern vom Herrn.“ Hier, wo wir nichts anderes tun können als zu glauben, zu hoffen und zu warten: auf die Wiederkunft des Herrn. Der mir sagt: „Geh weg von dir selbst!“

„Wir haben hier keine bleibende Stätte, wir suchen die künftige.“ Sie kennen diese Worte. Wir gehören woandershin; wir kommen von woanders; wir sind nicht angekommen: Das bedeutet fremd sein.

Es stimmt schon: Wir brauchen das, was wir kennen. Wir können nicht alles auf Null stellen – und schon gar nicht immer wieder. Wir brauchen Wurzeln und Heimat und Erinnerungen. Aber dieser Sonntag sagt uns, dass das nicht alles ist. Dass wir hier immer nur vorläufig sind.

Eine Reise machen bedeutet nicht: Hauptsache weg! Und dann nicht wirklich dort sein, im fremden Land, und nach 14 Tagen ganz unverändert zurückkommen. Die echte Reise verändert den Menschen. Sie macht ihn fremd: dort, wohin er gereist ist, hier, wohin er zurückkommt und fremd vor sich selbst. Und so ist da plötzlich etwas Neues. Die Jünger waren fremd geworden, nachdem sie drei Jahre lang mit Jesu herumgezogen waren. Fremd ihren Familien, fremd sich selbst – und so konnten sie aufbrechen in die Fremde und dort von Christus sprechen, weiterziehen, ohne sich heimisch zu machen.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

Johannesgasse 2 - 1010 Wien - Österreich | T: +43 1 512 72 44 | E: smom@malteser.at

X