Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Zweiter Sonntag der Fastenzeit (B), 28. Februar 2021

28/02/2021 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Der Gott auf dem Berg. – „Nimm deinen Sohn und bring ihn auf einem der Berge als Opfer dar.“ – Er „führte sie auf einen hohen Berg“, die drei Apostel, „und er wurde vor ihren Augen verwandelt. Sie waren vor Furcht ganz benommen.“ Dort oben, da sind Altäre, Worte, Gebote, Engel, Propheten. Väter und Kinder. Dort oben ist nichts sanft. Der Gott da oben ist nicht auszuhalten. Das Leben ist nicht auszuhalten. Wenn man es genau anschaut, statt wegzusehen oder wegzuarbeiten, dann ist das Leben nicht auszuhalten, Sie wissen das. – Auf dem Altar dort liegt ein Zettel mit den Namen von drei Frauen. Alle drei zum Sterben krank. Damit ich nicht vergesse, in der Messe für sie zu beten. Ich besuche Familien, die seit Jahren Kranke pflegen und wissen: Es wird nie mehr besser. Ich sehe Menschen, die über einen Verlust einfach nicht hinwegkommen und verstehe sie so gut. Ich sitze bei einer Frau, die das Alter mit allem schlägt, was dem Alter einfällt: Schmerzen, Einsamkeit, Geldnot… Ich spreche mit einem Vater. Sein Sohn, ein Achtjähriger, hat ein Auge durch Krebs verloren. Und ich lese Zeitung und ich sehe die Nachrichten und ich studiere die Geschichtsbücher. Das Leben ist nicht auszuhalten.

Ich sage Ihnen das. Hören Sie das an, zwingen Sie sich dazu. Denn nur so werden Sie mit der Geschichte von Abraham umgehen können. Ohne das ist sie nur abstoßend. Nur wenn Sie das Leben anschauen, werden Sie verstehen, was es wirklich bedeutet, Hoffnung zu haben. Was der Glaube wirklich ist. Der Glaube ist für das ganze Leben da, nicht nur für die Familienfest-Taufe oder die Stille-Nacht-Mette. Da kann jeder Depp glauben.

Das Leben kann fürchterlich sein. Wir sind alle, alle! Kandidaten für Abrahams Geschichte. Eine der schrecklichsten Geschichten der Bibel. Merken Sie nicht, dass sie zu den Geschichten passt, die Sie mir erzählen? Nicht das Kind, nicht das Opfer, nicht der Berg ist der springende Punkt an der Geschichte. Abraham wird alles genommen: Darum geht es. Wer garantiert uns, dass nicht auch uns alles genommen wird? Und Abraham glaubt trotzdem.

Die Bischöfe und Theolog*innen sagen: Nein, Gott tut so etwas nicht. Gott ist der Freund der Menschen, der Vater, der seine Kinder liebt. Ich antworte diesen Schwätzer*innen: Wenn es Gott nicht tut, dann tut es halt das Leben. Wo ist der Unterschied? Ob es nun Gott ist oder „das Leben“, das dir aufs Maul haut: Wir müssen damit zurechtkommen. Es braucht einen Glauben, der das ganze Leben aushält, nicht nur das glückliche. Es braucht einen Gott, der in allem ist, auch im Schrecken. Weil wir im Schrecken sonst allein sind. Einen Gott, der nichts ist als ein liebevoller Opa, den können Sie nicht brauchen, wenn es Ihnen dreckig geht.

Jetzt zeigt sich, dass die meisten einen Glauben haben, der zwar für eine schöne Erstkommunion reicht, aber nicht für eine Pandemie. Wie kommt es, dass da jetzt nur ganz wenige sind, denen der Glaube hilft und die meisten anderen einfach aufhören zu glauben? Bis es wieder besser wird. Oder halt für immer.

Stellen Sie sich vor, Sie finden die Liebe niemals. Ihr Leben ist ein Chaos oder permanentes Leiden oder einfach nur für immer daneben. Und dann denken Sie daran, dass es Menschen gibt, denen das Leben richtig zusetzt und die dennoch etwas schaffen, das andere glücklich macht. Schubert oder Beethoven waren unglückliche Männer, – und ihre Musik bringt Millionen von Menschen Freude bis zum Ende der Welt. Bei Ihnen ist es ähnlich: Ihnen geht es schlecht, und Ihr Wein macht andere einfach glücklich. Sie leiden, aber Sie erziehen Ihre Kinder so, dass jedes Dorf, jedes Land froh sein kann, solche Menschen zu haben. Darum geht es: durchhalten.

Was die drei Apostel dort auf dem Berg erleben, macht ihnen Angst. Dass der Weg ins Leben durch das Leiden führen soll, können sie nicht verstehen; genauso wenig wie die besondere Beziehung Jesu zu Gott. Aber sie bleiben.

Petrus will den Himmel dort oben festhalten; Häuser bauen. Er hat noch nicht verstanden, dass es ohne Leiden nicht geht. – Die Wolke ist beides: Gegenwart Gottes – Gott ist da! – und Unzugänglichkeit Gottes – Gott ist verborgen, nicht zu fassen, nicht zu verstehen! – Und „von den Toten auferstehen“, was soll das genau sein? Was ist das für Sie? Beide Texte dieses Sonntags stellen Fragen und geben keine Antwort. So ist das Leben. Ein Glaube, der auf alles eine Antwort hat, taugt für Bücher und für Verschwörungstheorien, aber nicht für das echte Leben.

Abraham erlebt das echte Leben. Erst will Gott, dass er sein Land verlässt, die Heimat. Mit anderen Worten: seine Vergangenheit. Jetzt soll er auch noch auf seine Zukunft verzichten: auf seinen einzigen Nachkommen. Nichts soll ihm bleiben außer Gott. – Ist Ihnen das fremd? Sie wissen aber schon, dass das Sterben genau so ist? Da wird auch nichts bleiben. Nur Sie und Gott. Ein Leben lang können wir behalten und handeln, tun und machen. Am Ende erleiden wir Gott.

Der das, was er Abraham zugemutet hat, auch sich selbst zumutet. Gott gibt seinen einzigen Sohn, den er liebt. Diesmal kommt kein Engel, der rettet. Isaak geht mit dem Vater nach Hause, Jesus stirbt wirklich. „Er hat seinen eigenen Sohn nicht geschont, sondern ihn für uns alle hingegeben. Wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?“

Die Urversuchung im Paradies war die Idee, Gott wolle uns übel. Das versucht die Schlange Eva einzuflüstern: Gott will euch übel, Gott gönnt euch nicht… Abraham ist der Mensch, der widerstanden hat. Bis zu dem Punkt, an dem das Leben nicht mehr auszuhalten ist. Am Ende (!) steht die Erkenntnis: Gott rettet.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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