20. Sonntag im Jahreskreis (A), 16. August 2020
20. Sonntag im Jahreskreis (A), 16. August 2020 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes „Jesus gab ihr keine Antwort.“ – Das sieht schlecht aus, oder? Warum endet es dennoch gut? Was passiert da zwischen der lästigen fremden Frau und dem Herrn? Jesus wird um etwas gebeten und will die Bitte nicht erhören, erhört sie dann aber doch. Warum? Die Evangelien berichten höchst selten, dass Jesus seine Position ändert. Am Ende wird klar, warum er es tut: des Glaubens wegen. Des großen Glaubens wegen. „Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst.“ Im Gebiet „von Tyrus und Sidon“ wohnen die Heiden (wo wohnen die Heiden in Mailberg?). Jesus ist also im Heidenland und er ist Jude. Er predigt den Juden, er heilt Juden, er ist der Messias der Juden. Er will mit den anderen Völkern nichts zu tun haben, so sieht es aus. – Fällt Ihnen übrigens auf, dass die Jünger nicht sagen: „Hilf der Frau doch!“, sondern „Schick sie weg!“? Auch sie wollen mit der Fremden nichts zu tun haben. Die Heiden sind für sie unrein, denn sie leben nicht nach dem Gesetz Gottes. Wir erleben hier mit, um es vorwegzunehmen, wie etwas Neues aufbricht. Der Blick der Evangelien öffnet sich für die, die keine Juden sind, für die fremden Völker. Die ganze zweite Lesung aus dem Römerbrief kreist um die Frage: Wie verhält es sich mit den Juden und den Heiden? Wie geht die Kirche zusammen mit den anderen Religionen? Unsere Fragen heute sind nicht neu. Die Frau bittet um etwas. Nicht für sich, sie bittet nicht um Geld, sondern um Gesundheit für ihr Kind. Die Frau ruft: „Herr, Sohn Davids!“ Das bedeutet: Sie anerkennt Jesus als den Messias! „Sohn Davids“ ist der Messias-Titel. Aber das reicht Jesus nicht. Sie ist am falschen Ort: außerhalb Israels. Dann argumentiert die Frau. Nach Hinterherschreien und Einfach-nur-etwas-wollen kommt es zu einem Gespräch zwischen Jesus und ihr. Eine Annäherung also. Eine Diskussion. Und dann die Lösung. „Frau, dein Glaube ist groß.“ Glaube bedeutet also nicht, etwas von Gott wollen. Auch nicht nur, das richtige Bekenntnis haben. Glaube bedeutet Annäherung, sich einlassen. Das ist der Punkt: Die Frau lässt sich ein auf Jesus. Nicht, dass sie etwas will von ihm, sondern dass sie sich auf sein Denken einlässt, das ist der Punkt. Sie merken, wie sich in dieser Frau etwas verändert. Sie will immer noch, dass ihr Kind gesund wird, aber sie will es jetzt anders. Und da erst lässt sich auch Jesus auf sie ein. Vielleicht werden unsere Bitten nicht erhört, weil wir uns nicht auf Gott einlassen… Worauf es im Glauben wirklich ankommt, ist die Aneignung. Wer wirklich glaubt, kann nicht einfach nur etwas wollen. Wer wirklich glaubt, kann das Evangelium nicht hören wie das Radio in der Küche, nebenher, jederzeit abzuschalten. Wer wirklich glaubt, muss sich aufraffen. Es braucht einen Entschluss. Erst dann lässt sich Gott mit Ihnen ein. Wir feiern nächsten Sonntag eine erste heilige Kommunion. Vor diesem Evangelium wird uns klar: Wenn die Herzen geschlossen bleiben, das Herz des kleinen Mädchens, das Herz seiner Verwandten und Freunde, unser Herz, dann geschieht nur Äußerliches. Das eigentliche Fest kann nur in der Seele stattfinden. Öffnet sich die Seele? Nähert sich ein Mensch Gott an? Oder nimmt er sich nur etwas? Eine Mutter, die ihrem Kind die Hostie weiterreicht, obwohl es noch gar nicht auf die Kommunion vorbereitet ist, ein wiederverheirateter Geschiedener, der zur Kommunion geht, ohne zuvor mit dem Priester gesprochen zu haben, ein Protestant, der bei uns das Abendmahl empfangen will, eine Frau, die ganz nach eigenem Gusto lebt, ohne Gott und trotzdem zur Kommunion geht: Das sind alles Menschen, die von einem Recht ausgehen und es dabei bewenden lassen. Menschen, die bei sich selbst bleiben und sich nicht auf Christus einlassen: Die einzig gute Art, die Kommunion zu empfangen, ist die, wo ein Mensch sich innerlich aufmacht und auf Gott zugeht. Dann wird Gott auch auf ihn zugehen. Gott um etwas zu bitten, das ist leicht. Sich Gott anzunähern, sich den Glauben anzueignen, das geht nicht leicht. Aber wovor haben Sie Angst? Was kann Ihnen bei Christus passieren? – Aber ich rede leicht daher: Erst jetzt, ganz allmählich, ganz spät, fasse ich Vertrauen zu Jesus. Die Frau wird nicht gezwungen, geschweige denn erniedrigt. Aber sie muss sich bewegen. Die Bitten werden nicht einfach so erhört. Weil es eben nicht um Erhörung geht, sondern um Glauben. Bedenken Sie das, wenn Sie beten! Die Leute geben das Letzte, im Sport, im Job, – warum nicht im Glauben? Sie arbeiten alle hart, aber wehren sich gegen die Idee, dass der Glaube mit Arbeit verbunden sei. Nicht mit Organisationsarbeit. Es geht nicht um Mithilfe in der Pfarre. Ich weiß, wie wenig Zeit Sie haben, aber dabei kann ich es nicht bewenden lassen. Jeder hier muss sich fragen: Was kann ich in meinem Glaubensleben umstrukturieren? Wie kann ich Akzente anders setzen? Sie müssen nicht mehr machen, aber Sie müssen es anders machen, tiefer. Sie müssen sich erziehen. Auch wenn Sie längst erwachsen sind. – Der Niedergang hat zu tun mit dieser mangelnden religiösen Erziehung. Das Ergebnis ist Ziellosigkeit, innere Verweichlichung statt Haltung und Selbstbeherrschung und Nüchternheit. Das Christentum muss milde sein, ja, aber gegen wen? Gegen die Leidenden. Nicht gegenüber einer verhätschelten Gesellschaft, die zugleich trotzig und schlaff ist, frech und feige. Deswegen die Strenge Jesu. Diese Frau, die einfach nur etwas wollte, die mit einer Bitte kam, als ihr Leben schwierig wurde, die streiten wollte, die ist am Ende Christus nahegekommen. Wir brauchen keine unausgeglichenen, pflaumenweichen Wesen, die nur etwas für sich wollen und sich zu nichts entschließen können. Wir brauchen Offenheit und Hartnäckigkeit. Echten Glauben. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören