Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Hl. John Fisher und Hl. Thomas Morus, 22. Juni 2015

02/07/2015 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Was für Worte! – „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig. Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig.“ Und in der Lesung: „Jetzt ist die Zeit, in der das Gericht beim Haus Gottes beginnt. Wenn es aber bei uns anfängt, wie wird dann das Ende derer sein, die dem Evangelium Gottes nicht gehorchen?“ Was für Worte! Die Bibel von ihrer unerträglichen Seite.

Was ein Mann! Heiliger – Humanist und Autor von europäischem Rang. Gegner des sächsischen Kirchenspalters – Ehemann, Vater und Witwer. Ein Vater, der – Anfang des 16. Jahrhunderts! – seinen Töchtern die gleiche Ausbildung zukommen lässt wie seinem Sohn. Patrizier, der mit dem ganzen Haus, Frau, Kindern, Angestellten die Bibel studiert. – Student in Oxford, Jurist, Professor. Der eine Zeitlang im Kloster der Kartäuser lebt, um seine Berufung zu erkennen. – Erfolgreicher Mann, der in der Hungersnot Hunderte aus eigener Tasche ernährt. Thomas Morus. Katholik. Märtyrer am 6. Juli 1535.

 

Thomas Morus war auch Politiker, Lordkanzler von England, Diplomat, begnadeter Verhandler. Doch irgendwann gibt es nichts mehr zu verhandeln. Der König hatte seine rechtmäßige Frau verstoßen und sich selbst zum Oberhaupt der Kirche gemacht. Er forderte einen Eid von Thomas Morus: gegen jede andere Autorität als die des Königs. Also gegen den Nachfolger Petri in Rom. Und für die Anerkennung der Kinder aus dem Ehebruch als legitime Nachfolger auf dem Thron. Also gegen das Gesetz der Kirche. Die Mehrzahl der Geistlichen und Politiker leistete den Eid. Der Kardinal John Fisher und Thomas Morus weigerten sich. Der Kardinal wurde am 22. Juni 1535 enthauptet, Thomas Morus am 6. Juli darauf. Sein abgeschlagener Kopf wurde vier Wochen lang auf der London Bridge zur Schau gestellt; seine Familie wurde enteignet. Was ein Mann! Ein Gigant.

„Wer seinen Vater oder seine Mutter oder sein Kind oder sein Land oder den Staat oder den König mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig.“ Da werden diese Worte, die uns hier, an diesem Montag in Wien vielleicht nur genieren oder ein wenig erschrecken (weil wir spüren: Das ist richtig so), da werden diese Worte zum Ernstfall.

Zum Ernstfall. Nicht zum Extremfall. Ein wichtiger Unterschied! Denn schlussendlich geht es nicht um den Glanz der Begabung, des Charakters oder gar der Karriere des Thomas Morus, sondern um die ganz einfache Frage: Auf wessen Seite stehst du? Was ist Recht? Welche Autorität zählt? Wir hoffen, dass uns diese ernste, wahre Frage erspart bleibt, uns und denen, die uns lieb sind – und wissen doch: Ganz vielen Christen werden genau diese Fragen gestellt.

Deswegen ist das Staunen über solch einen Mann nur der allererste Anfang. Ihn zur Kenntnis zu nehmen und zu staunen, öffnet der Gestalt des Thomas Morus die Tür zu unserem Leben hier. Der nächste Schritt ist zu ahnen, dass Thomas Morus und alle die anderen mit dem gleichen Schicksal Stellvertreter sind. Geheimnis der Kirche: Die einen stehen für die anderen. Die Märtyrer leisten, was wir nicht leisten können.

Der dritte Schritt ist es, zu sagen: Ja, solche Männer wie John Fisher und Thomas Morus sind Beispiele für mich. Erst wenn das gesagt ist und geglaubt wird, können diese Leben in unseren Leben wirken. Eines Tages, vielleicht, werden wir andere vertreten. An der Stelle anderer beten, stellvertretend für sie lieben; an der Stelle anderer und für sie uns sorgen und leiden. Das ist die Gemeinschaft der Heiligen.

Die beiden berühmten Engländer wurden 1935 heilig gesprochen. Die Tyrannen von damals, in Russland, in Italien, in Deutschland waren vermutlich zu laut und zu beschäftigt mit ihrem Aufstieg, um die ruhige Stimme des Papstes zu hören und die Chöre, die den Ruhm John Fishers und Thomas Morus’ sangen über dem Grab des Apostels Petrus. Jenes Russland, jenes Italien, jenes Deutschland: Sie sind untergegangen. „Jetzt ist die Zeit, in der das Gericht beim Haus Gottes beginnt. Wenn es aber bei uns anfängt, wie wird dann das Ende derer sein, die dem Evangelium Gottes nicht gehorchen?“

Sie sind untergegangen. Der Papst spricht noch immer. Und in jedem Wort tönt die Frage an: Ist der Staat der höchste Gesetzgeber oder gibt es ein noch höheres Gesetz? Thomas Morus ist der Patron der Regierenden und der Politiker. Vielleicht ahnen sie, wenn sie seiner Geschichte begegnen, dass der Staat, dass die ganze Gesellschaft gewinnt, wenn nicht alle gehorchen (so wie die Kirche gewinnt, wenn sie nicht regiert). Widerstand gegen die Autorität der Welt kann beides zugleich sein: Ungehorsam und Segen.

Petrus schreibt: „Darum sollen alle, die nach dem Willen Gottes leiden müssen, Gutes tun.“ Gutes tun: Inbegriff der Vornehmheit. Was Petrus schreibt, gilt bis zum Schluss. Thomas Morus und John Fisher starben – für ihren Glauben. Mutig. Und sie starben vornehm.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben.  Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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