Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Montag der 25. Woche, 22. Sept. 2014

25/09/2014 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Es gibt heute viele Christen, die behaupten, jedes Wort der Bibel sei wörtlich zu nehmen, müsse Handlungsmaxime in allen Bereichen sein. „Wer aber nicht hat, dem wird auch noch genommen, was er zu haben meint.“ – Wie geht ihr mit solchen Sätzen Jesu um?, würde ich diese Christen gerne fragen. Ist das ein Sozialprogramm? Muss man den Armen das Bisschen, was sie haben, auch noch nehmen? Muss das in unsere Rechtsprechung? Wenn es doch ein Wort Gottes ist und überall zu gelten hat?

Nein, das muss es nicht. Weil es im Evangelium von heute um das Sehen geht. Um das Licht, das alle sehen, die eintreten. Um das Offenbar-werden. Und um das Zuhören. „Gebt also acht, dass ihr richtig zuhört!“ Sehen, Offenbaren, Hören, Erkennen: Das betrifft nicht die Gesetze des Staates, sondern das innere, geistige Leben. Hier also ist der Platz des Wortes „Wer aber nicht hat, dem wird auch noch genommen, was er zu haben meint.“

Hart und dunkel tönt es trotzdem. Es passt nicht für den „frohen Glauben“, der heute gern verkündet wird. Aber es steht da, bis Himmel und Erde vergehen.

Natürlich lassen sich andere, hellere Worte des Evangeliums dagegenstellen. Das Evangelium ist nicht logisch-stringent wie ein Lehrbuch, das am Schreibtisch entworfen wurde. Das Evangelium ist das von – inspirierten – Menschen überlieferte Wort des Menschen Jesus Christus. Deswegen ist hier zugleich Klarheit, Widerspruch und Rätsel. Jeder, der das Evangelium eindeutiger machen will, als es sein kann, der irrt, in die eine oder in die andere Richtung. Katholiken können konservativ sein oder progressiv; das Evangelium ist weder das eine noch das andere.

„Wer aber nicht hat, dem wird auch noch genommen, was er zu haben meint.“ Das ist eine Absage an jene innere Haltung, die meint: Ein wenig Glaube reicht. Auch im Glauben gibt es Gesetze des Wachstums. Das Bisschen an Glauben wird eben nicht reichen: Es wird diesem Leben nicht standhalten. Jesus sagt uns ein Wort gegen die falsche Selbstsicherheit (Vermessenheit) und die innere Verwahrlosung.

Jesus bewundert den großen Glauben. Glaube und satte Zufriedenheit schließen einander aus; Glaube und Sehnsucht gehören zusammen. Dies zu verstehen, ist leicht, wenn man die Brücke schlägt zwischen dem Glauben und der Liebe. „Ich liebe mein Kind ein wenig, das reicht“ – keiner würde das sagen. Und so ist es auch mit dem Glauben. Der echte Glaube wächst.

Das heutige Wort des Herrn ist also eine Warnung an die Selbstsicheren. Da ist die Ebene, die wir kennen: unsere Taten. Die können wir in eine Statistik setzen; da ist unser Ansehen. Dazu können wir andere befragen. Aber da ist auch die Ebene, die wir nicht kennen. Die wirkliche Bedeutung der Dinge, die wahren Gründe unserer Handlungen. Sind wir wirklich sicher, dass die Handlung, die gut erscheint, auch im Tiefen gut ist? Was ist rein? Verzeihen wir um des anderen willen, oder um unsere Ruhe zu haben? Von außen sieht beides gleich aus. Loben wir, um dem anderen eine Freude zu machen, oder um an Beliebtheit zu gewinnen? Feiern wir Gottesdienst, um Gott zu ehren oder um ein ruhiges Gewissen zu haben? Wir können dessen, was wir haben, nicht sicher sein. Das macht demütig.

Was aber haben wir sicher? Die Taufe. Wir haben – jeder von uns – die Gnade, die es braucht, um in den Himmel zu kommen. Diese Hilfe (denn Gnade ist nichts anderes als Hilfe) gibt Gott jedem Menschen.

Nicht jeder bekommt Gesundheit; nicht jeder ein leichtes Leben; nicht jedes Problem des Lebens wird gelöst, nicht jeder Wunsch wird erfüllt. Aber jeder bekommt die Hilfe, die er braucht, um ins ewige Leben zu kommen. Das ist es, was wir haben. Wir haben das eine Notwendige, die Liebe Gottes. Wenn wir nun aber das, was wir haben, ruhen lassen, uns nicht anstrengen, aus unserer Taufe etwas zu machen – dann wird uns das Leben nehmen, was wir haben.

Ein Ruf zur Hochherzigkeit, zur Demut, zum Einsatz: Das liegt in dem Wort des heutigen Evangeliums. Mutet euch das Große des Glaubens zu! Seid nicht borniert und selbstsicher! Tut etwas! Wachst!

Mit einem Mal ist das Wort Jesu gar nicht mehr dunkel; es macht den schön, der es lebt.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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