7. Sonntag im Jahreskreis, 23. Februar 2014
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes
Heute im Evangelium: „Lass es…“; „lass sie…“; „geh mit…“; „gib…“ Und da draußen jeden Tag: Nimm! Setz dich durch! Vergiss nichts! Behalte! Gib nicht her, was dir gehört!
Wenn man die berühmten Worte der Bergpredigt Jesu nimmt und ein System daraus baut, ein stichhaltiges Regelwerk; wenn man sie zur Juristerei macht; wenn man vergisst, was Jesus sonst noch gesagt und getan hat; wenn man Jesus gar nicht kennt (Religionsunterricht, Sonntag, Pfarre), dann ist ein Satz wie „Wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm“, dann ist so ein Satz nur eine Zumutung. Nicht lebbar.
Wenn man andererseits einfach abwinkt und mehr oder minder denkt: „Das ist doch alles Quatsch“, dann ist man kein Christ. Wer die Worte Jesu Christi von vornherein abtut, ist kein Christ.
Was also tun? Auf das ganze Evangelium schauen, das als Erstes. Da sieht man ganz leicht: Jesus ist kein weltfremder Idiot. Jesus ist auch kein Pazifist. Es gibt gewaltsame Züge an ihm: Er verflucht den Feigenbaum; er verjagt die Händler aus der Kirche; er droht mit der Feuerhölle, mehrfach, und er nennt Petrus „Satan“. – Die Hoffnung ist voller Gewalt.
Jesus ist auch nicht konsequent oder logisch in unserem Sinn. Er selbst gibt nicht jedem, der ihn bittet und hat doch gesagt: „Wer dich bittet, dem gib.“
Wer das ganze Evangelium anschaut und Jesus ein wenig kennt, der versteht: Es geht hier nicht um ein geschlossenes System von moralischen Anweisungen. Es geht um Zeichenhandlungen. Wer immer wieder so handelt (…), der setzt Zeichen. Die etwas bewirken. Sie bewirken Unruhe – und dann Frieden. Wer seine Feinde liebt, wo doch alle anderen ihre Feinde hassen, der stiftet Unruhe. Und dann Frieden.
Wenn wir „Frieden“ hören, denken wir an Abwesenheit von Krieg oder Ruhe oder Toleranz. Für die Bibel bedeutet Frieden etwas ganz anderes. Frieden bedeutet in der Bibel: Es fehlt an nichts, und keiner fällt unter den Tisch. Friede ist, wenn Gott da ist und die Menschen seine Gebote halten. Wenn zwischen Gott und den Menschen alles stimmt. Das ist Gerechtigkeit. Erst dann ist Frieden (und dieser Friede entsteht durch den Tod Jesu).
Solcher Friede muss erkämpft werden. Denn das Böse leistet Widerstand. Und die Verhältnisse fesseln uns. Für solchen Frieden zwischen Gott und den Menschen braucht es einen Neuanfang. Und Freiheit. Das geht nicht, wenn es zu viele Beziehungen, zu viele Verpflichtungen, zu viele (alte) Regeln gibt. Mit dem, was Jesus uns heute sagt, bricht er mit den alten Regeln. Wer sich an das hält, was er sagt, wird frei, ungebunden und wach. Er unterbricht die Gewalt: „Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch Böses antut, keinen Widerstand.“ So kann etwas Neues entstehen. Es kann nichts Neues geben, wenn man nicht Altes beendet. Und Christus hat sich „die Wahrheit“ genannt, nicht „die Gewohnheit“.
Wer Böses mit Bösem vergilt, der erhält das System. Für Jesus aber gibt es keine Feinde mehr; Sieg oder Niederlage ist Jesus wurst.
Nichts nachtragen, nichts rächen: Wer so handelt, setzt ein Zeichen. Zeichen der Hoffnung. Denn welche Welt erhoffen wir denn? (…) Wer handelt, wie es Jesus dort am Berg sagt, der unterbricht den Kreislauf der Gewalt. Vergeltung bedeutet oft neues Unrecht, Hass. Vergeltung hält diese Welt am Laufen. Aber wollen wir Christen diese alte Welt? Oder das Reich Gottes? Wie ernst ist es uns, wenn wir beten „Dein Reich komme“?
Wer so handelt, wie Jesus es sagt, der übernimmt Verantwortung für die Welt. Für andere. Schützt sie vor weiteren Sünden. Es geht genau um das, was Paulus den Römern sagt: „Lass dich vom Bösen nicht besiegen: besiege das Böse durch das Gute“ (Röm 12).
Es liegt auf der Hand: Es werden immer nur wenige sein, die leben, was Jesus sagt. Die Gruppe der Friedenstifter ist klein, machtlos und letztlich erfolglos – nach irdischen Maßstäben. Aber in dieser kleinen Schar… beginnt das Wunder der Vergebung. Veränderung. Und die ist göttlich.
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