Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

Aktuelles

Fest des hl. Carl Borromäus, 4. November 2013

19/11/2013 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Der Heilige, den wir heute feiern, wurde groß in einem kirchlichen System, das wir heute für den Inbegriff der Verkommenheit halten: Verquickung von Staat und Kirche, Reichtum, Vetternwirtschaft, Intoleranz … Aber die Gnade Gottes lässt sich nicht aufhalten. Nicht von einem schwierigen Charakter und nicht von religiösen und gesellschaftlichen Systemen. Deswegen gibt es die Kirche bis heute.

1538 wurde der heilige Carl Borromäus am Lago Maggiore geboren, in einer der schönsten Gegenden der Welt, in eine der vornehmsten Familien Italiens. Mit zwölf! Jahren wurde er Kommendatarabt eines Benediktinerklosters, d. h. er bekam die reichen Einkünfte des Klosters, ohne seelsorgliche Verantwortung zu tragen.

Mit 16 beginnt er das Studium, mit 21 ist er Doktor beider Rechte, Verwalter der Familiengüter und „Abt“ von zwei weiteren Klöstern. Sein Onkel Medici wird Papst, Pius IV., und Carl Borromäus wird Kardinal. Mit 22.

Da stehen alle Vorurteile bereit, nicht wahr? Aber wir werden beschämt. Denn mitten in diesem System war Carl immer fromm und pflichtbewusst. So etwas wollen sich die Macher – und Zuschauer! – der Fernseh-Serie „Die Borgia“ nicht vorstellen …

Der Tod seines Bruders Federigo erschüttert Carl in der Tiefe. Der Schmerz und die Trauer lähmen ihn aber nicht. Sie werden zum Antrieb für eine innere Wende hin zum noch Tieferen, Größeren.

1563 wird er zum Priester und zum Bischof geweiht. Mit 25 Jahren ist er Erzbischof von Mailand. Es ist, wie wenn der Heilige Geist die verdorbenen Strukturen der Kirche von innen her aufsprengte… Mailand wird die Muster-Diözese der Gegenreformation. – Noch ein verschriener Begriff. Aber was bedeutet Gegenreformation? Umsetzung der Reformen in Theologie, Verwaltung, Moral, Frömmigkeit und besonders in der Bildung. Es bedeutet Erneuerung.

Es bedeutet unendliche Arbeitsfülle – Carl Borromäus besucht persönlich fast alle der 800 Pfarren seines Bistums! Es bedeutet auch große Widerstände, vor allem im Klerus. Das geht so weit, dass vier Ordensleute versuchen, den Bischof umzubringen. Als in Mailand die Pest ausbricht und die staatlichen Autoritäten fliehen, organisiert der heilige Erzbischof und Kardinal persönlich die Hilfe. Am 3. November 1584, mit Mitte 40, stirbt Carl Borromäus.

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Auf die Gefahr hin, mir selbst das Urteil zu sprechen, behaupte ich: Man kann einen Menschen erkennen an einem einzigen Wort; schon eine Geste genügt. Vom hl. Carl wird erzählt, er habe, wann immer er Gäste an seiner Tafel hatte, mit ihnen gegessen und getrunken. Ganz einfach, heiter, aufmerksam für jeden. War er aber alleine, dann fastete er streng. Der Kardinal wollte seine Gäste nicht beeindrucken oder gar beschämen mit seiner Askese. Sie sollten sich einfach wohl fühlen in seiner Nähe. Das ist die vollendete Höflichkeit und gleichzeitig die Umsetzung des Wortes aus der Lesung: „Übertrefft euch an gegenseitiger Achtung! Der große und vornehme Heilige hat diese Weisung gelebt.

 

Darum geht es doch in der Heiligkeit: die Weisungen der Schrift zu leben. Ganz einfach. Umso einfacher, als alles, was Paulus uns heute sagt, sogar der befolgen kann, der nicht gläubig ist. Paulus schreibt: „Hat einer die Gabe des Dienens, dann diene er. Wer zum Lehren berufen ist, der lehre; wer zum Trösten und Ermahnen berufen ist, der tröste und ermahne.“ Das ist beinahe banal einfach. Das bedeutet nichts anderes als zu fragen: Wer bin ich? Und wer bin ich nicht? Die eigenen Möglichkeiten zu erkennen und die eigenen Grenzen. Fähigkeiten und Unfähigkeiten, Größe und Schwäche, in allem drückt sich die Berufung aus. Heiligkeit bedeutet nicht Selbstoptimierung, nicht an sich herumbasteln, sondern wahr werden. Sich selbst erkennen, statt sich selbst zu erfinden („Strebt nicht über das hinaus, was euch zukommt“).

Wahr werden – und handeln.

Wir haben alle Verantwortung für unser Inneres und für das Gemeinwesen. So wie beim hl. Carl Borromäus das tiefe Gebet zusammen geht mit dem ganz praktischen Einsatz für die geprüfte Großstadt. An dem, was Paulus heute schreibt, sehen wir, was Liebe ist: Wahrhaftigkeit, Aufmerksamkeit, Disziplin, Einsatz, Selbstlosigkeit. Und das alles (die Heiligkeit also) ist möglich auch in skandalösen Strukturen. Wie erbärmlich, wenn sich einer das Verhalten dieses oder jenes Geistlichen oder Kirchgängers als Grund hernimmt, nicht selbst Gutes zu tun.

„Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet.“ Das geht überall. Der hl. Carl Borromäus ist der Beweis.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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