17. Sonntag im Jahreskreis (C), 28. Juli 2013
Daran kranken die Menschen und daran krankt heute auch die Kirche: dass das Leben fern gehalten wird; gezähmt wird. Das Leben fernhalten, dem dienen viele Strategien. Zum Beispiel die Rede von der „Amtskirche“. Man kritisiert sie zwar, man liebt sie nicht – und geht trotzdem ganz in ihr auf. Und nie über sie hinaus. Für viele, gerade die Funktionäre, ist die Amtskirche der Vorwand, nie dem wahren Leben in der Welt von heute zu begegnen. Und schlimmer: Christus nicht zu begegnen.
Oder die Idee, Gott sei eine ferne Instanz, aber nicht hier. Selbst bei den Katholiken glaubt kaum einer, dass Jesus wirklich da ist, in der Eucharistie. Würden alle hier glauben: Jesus ist da, gingen wir anders mit der Eucharistie um. So aber behandeln wir sie wie ein Stück Brot – und nichts geschieht. Das Leben bleibt draußen.
Oder das Spiel mit den Konventionen; mit dem, was die Leute denken und erwarten, was man tut und nicht tut. Auch das dient dazu, das Leben fernzuhalten; es zu zähmen.
An der Krise der Kirche sind nicht die Medien schuld oder der Zeitgeist, sondern die vielen Generationen von Geistlichen und Vätern und Müttern, die sich mit den Konventionen zufrieden gegeben haben, statt auf die ganz persönliche Entscheidung für Christus hinzuarbeiten.
Und in diese fade Religion hinein trifft das Wort des Apostels: „Ihr!“ – „Ihr, die ihr tot wart.“
Darum geht es in der Lesung von heute: nicht um die Ideen von Auferstehung, Tod und Taufe, nicht um das Übliche, Lebensferne, Frömmelnde – sondern um unsere Auferstehung, unseren Tod, unsere Taufe.
Und wie wird das alles zu unserem? Anders gefragt: Wie wird die Taufe realisiert? Denn realisiert muss sie werden. Oder soll das wirklich alles sein: ein Familienfest und Jahre später ein Kommunionunterricht und dann nichts mehr? Die Taufe wird realisiert, sie wird echt, indem wir sterben und indem wir leben. Jeden Tag etwas mehr.
Die Lehre ist klar: In der Taufe werden wir mit Jesus begraben und mit ihm werden wir von den Toten auferweckt. Wie sterben und wir leben. Nicht irgendwann einmal, sondern jetzt. Nicht körperlich, aber seelisch-geistlich. In der Taufe geht etwas unter… der alte Mensch ersäuft. Und der neue Mensch ersteht.
Das ist die Lehre. Aber das ist noch nicht unser Leben. Das ist es nicht, was die bewegt, die ihre Kinder zur Taufe bringen. Warum? Weil wir den Tod fürchten. Den Tod des Körpers; das Ende unseres Lebens hier. Wir wollen ihm nicht begegnen, nicht vor der Zeit; nicht einmal in der Form der Taufe. Also lässt sich lieber keiner ein auf das, was die Taufe bedeutet.
Und alle riskieren lieber den geistlichen, moralischen Tod.
Tod ist, wenn etwas stirbt. Wenn etwas immer lebloser wird und schließlich ganz vergeht, unwiderruflich. Das Gute in uns, unser Geist, unsere Fantasie, der Wille, Gutes zu tun, unsere Beziehungen… alles das wird mit den Jahren nicht mehr, sondern weniger. Es ist in Gefahr, es stirbt ab. Weil wir nicht acht haben auf uns. Weil wir nicht vergeben (Vergebung macht lebendig. Beichte. Familie).
Wir sterben ab, weil wir alleine bleiben und uns nicht helfen lassen von Gott. Wir sterben erst innerlich, dann äußerlich. Allein. Sinnlos.
Die nicht realisierte Taufe, das ist die große verpasste Chance (und das am Beginn das Lebens!). Das ist der Grund für das schale Lebensgefühl vieler Christen. Dabei wollen wir doch leben, oder? Wir wollen, dass wir erkannt werden und nicht vergessen werden. Wir wollen von uns erzählen und dass uns einer höre.
Und da ist ein Erlöser. Ein Gott, der Mensch wird. Der alle Geschichten also nicht nur hört, sondern annimmt und durchlebt mit uns. Der mit uns stirbt und mit uns lebt. Das Vater Unser, das Jesus uns im heutigen Evangelium lehrt, bedeutet doch nichts anderes als dass Gott uns sagt: Redet – ich höre!
Die Taufe realisieren, das heißt: das tägliche Sterben akzeptieren. Es einüben (…) Und die Auferstehung empfangen, täglich. Täglich neu werden (…). Durch Christus.
Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. C.Martin