Immaculata 2012
08/12/2012
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes.Warum freuen wir uns so selten im Leben? Warum freuen wir uns nicht, dass heute Festtag ist? Und wo soll die Freude herkommen, die nicht da ist? Der Engel tritt ins Zimmer, wo Maria ist und sagt zu ihr: „Sei gegrüßt!“ Wenn man den Text in der Ursprache anschaut, im Griechischen, dann bedeutet dieses „Sei gegrüßt!“ weniger etwas wie „Grüß dich, Maria!“, sondern es bedeutet: „Freue dich, Maria!“ Was zum anderen passt: „Ich verkünde euch eine große Freude“, sagt der Engel den Hirten auf dem Feld. „Sie freuten sich, als sie den Herrn sahen“, heißt es von den Aposteln nach Ostern. Und Jesus sagt beim Abschied: „Ich werde euch wieder sehen, und euer Herz wird sich freuen, und niemand wird euch diese Freude nehmen.“ Wer also fragt: Was gibt Jesus der Welt eigentlich? Und um was geht es bei Maria?, der bekommt die Antwort: Freude. Freude ist das Geschenk des Erlösers. Und als Erste empfängt Maria dieses Geschenk. In einem Ausmaß, das wir uns nicht vorstellen können. Denn wir freuen uns nicht. Oder nur selten. Weil zu viel Angst in uns ist. Weil wir schlechte Erfahrungen gemacht haben. Weil in uns längst etwas zerbrochen ist. Weil wir zu alt sind: In uns sind unsere Eltern, Großeltern, Vorfahren… mit all ihrer Trauer und Bitterkeit. In uns ist so viel Geschichte. Maria ist neu. Sie ist ohne Erbsünde empfangen; vom ersten Augenblick ihrer Existenz an ist sie ganz und gut. Und neu. „Unbefleckt“ von der Sünde. Das aber bedeutet: In ihr ist keine Angst. In ihr ist Freude. Böse Menschen können eine Menge Spaß haben, aber keine Freude. Wirklich freuen können sich nur gute Menschen. Menschen, die gut sind, sind Gott nahe. Weil Gott das Gute selbst ist. Gute Menschen freuen sich, bis in die Tiefe, weil sie Gott nahe sind und Gott gut ist und wahr und wunderschön! Maria war durch und durch gut, mehr als jeder andere Mensch, eben weil sie ohne Erbsünde auf die Welt kam. Wir sind nur manchmal gut; oder nur zum Teil. Wir wissen, wie das geht: sich vergnügen. Aber Vergnügen ist etwas anderes als Freude. Wir kennen sicher einzelne Momente, in denen wir glücklich sind. Aber die wahre Freude, die Freude, die alles erfasst und immer da ist, die kennen wir noch nicht. Die wahre Freude kann man nicht machen. Sie ist ein Geschenk. Für das einer bereit sein muss. Maria war ganz offen für diese Freude, eben weil sie gut war. Zwischen Maria und uns ist also ein großer Unterschied. Aber fremd ist uns Maria deswegen nicht. An Maria sehen wir, was wir tun können, hier, von heute an, um für die Freude bereit zu sein. Maria geht innerlich mit den Dingen um, die sich ereignen. Sie sucht nach dem Verstehen. Sie ist furchtlos und sie bleibt besonnen auch vor dem ganz Unerhörten. Sie fragt, wie das alles gehen soll, aber sie zweifelt nicht. Vor allem aber: Maria freut sich. Die alten Prophezeiungen hatten immer wieder davon gesprochen, dass Gott bei seinem Volk bleiben werde. Gott werde „in ihrer Mitte wohnen“. Mensch und Gott würden nicht mehr Gegner sein, keine Fremden mehr, sondern Freunde. „Freude dich, Tochter Zion!“, heißt es beim Propheten Zefanja. Und jetzt wird klar: Maria ist diese Tochter Zion in Person. Die Propheten haben gar nicht (nur) das ganze Volk gemeint, schon gar nicht den Berg Zion und erst recht nicht eine politische Umwälzung. Maria war gemeint. Gott wird in Maria wohnen: „Du wirst ein Kind empfangen…“ Dass Maria Freude empfindet, verstehen wir, wenn wir auch verstehen, wie frei diese Frau ist. Nur ein freier Mensch kann sich freuen. Gott will die Menschheit erlösen. Heilen. Erheben. Aber ohne die Freiheit gibt es keine Erlösung. Gott braucht das unerzwingbare, freie Ja des Menschen. Maria sagt ja: „Mir geschehe nach deinem Wort.“ Dieses Ja ist die höchste Entscheidung menschlicher Freiheit, die je gefällt wurde. „Dann verließ sie der Engel“, heißt es bei Lukas am Ende. Maria bleibt allein zurück mit einem Auftrag, der über jedes menschliche Vermögen hinausgeht: Mutter des Erlösers zu werden. Keine Engel stehen um sie herum, und es wird schwer werden (Erschrecken Josefs; Jesus wird für verrückt erklärt; sie wird sehen müssen, wie er umkommt). Aber diese Frau wird tun, was zu tun ist und was sie zugesagt hat. Sie wird sich Fragen stellen, sie wird schweigen, sie wird trauern, aber sie wird nie bitter werden. Weil sie voller Freude ist. So wird es uns auch gehen, wenn wir Gott ja sagen.
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