Bernhard von Clairvaux
Bernhard, ein Mann ritterlicher Herkunft, wurde um 1090 geboren. Das Anliegen seiner Jugend war die Reform des Klosterlebens. Reform bedeutet immer Suche nach der wahren Gestalt. Wie war es gemeint, am Anfang? Wie soll es sein? Was ist gut? Was ist die Wahrheit? Solche Fragen bewegen die Reformer – und führen sie ganz zwangsläufig in die Diskussion mit anderen, in die Öffentlichkeit, in die Gemeinschaft. Wer allein ist mit Gott, der muss nur sich selbst reformieren. Hören und handeln. Vielleicht ist das das Erste? Bernhard war Mönch – und ein öffentlicher Mann. Politiker von europäischen Dimensionen, Friedensstifter in zahlreichen Konflikten und gleichzeitig Anstifter zum Kampf bis zur Erbarmungslosigkeit. Kritiker des Adels, der Theologen, der Päpste, gleichzeitig Verteidiger des Papsttums, selbst Theologe, zärtlicher Mystiker und Inspirator der geistlich-adeligen Ritterorden. Die Faszination, die von ihm ausging, muss ungeheuer (sic) gewesen sein. Er zog Novizen so zahlreich an, dass beinahe im Zweijahresrhythmus ein neues Kloster aufgebaut werden musste. Insgesamt gründete Bernhard 68 Klöster; 164 Abteien unterstanden seiner geistlichen Führung. Seine Predigten versetzen alle in Begeisterung, europaweit, vom Volk (das oft seine Sprache gar nicht verstehen konnte…) bis hin zu den Königen. „Sanft und radikal“, sei er gewesen, heißt es, „zerbrechlich und stark, aktiv und kontemplativ, unversöhnlich und empfänglich für Freundschaft.“ Und, fügen wir hinzu, Mönch und Nicht-Mönch. Ein Mann, den die Sehnsucht nach dem Ideal des Klosters umtreibt, der dieses Ideal aber nicht leben kann. Denn er steht im Zentrum der Öffentlichkeit und eben gerade nicht in der immerwährenden Einsamkeit mit Gott. Reformen werden immer wieder unternommen und immer wieder scheitern sie. Nichts, was ideal begonnen wurde in der Kirchengeschichte (und in der Geschichte überhaupt), hat Bestand. Das Einzige, was durchgehend ist, ist die Suche nach dem Ideal und das Scheitern darin. In diesem Sinn ist auch die Diskussion Einsamkeit oder Gemeinschaft? nicht zu Ende zu führen. Es muss die Frage geben, die umtreibt und aufbrechen lässt; aber wer immer fragt und sucht, muss wissen, dass es keine Antwort gibt, die für alle und zu allen Zeiten gilt. Jesus beruft einzelne und Gruppen; in der Hl. Messe feiert die Gemeinschaft, das Volk Gottes – und der Einzelne trifft auf seinen Herrgott. Wir sind beides: Individuen und Gemeinschaftswesen.
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