Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Hochfest des Leibes und Blutes Christi, Fronleichnam 2025

22/06/2025 


Die Predigt zum Anhören

Hochfest des Leibes und Blutes Christi, Fronleichnam 2025
Predigt am 22. Juni 2025 in Rettersheim

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Gibt es eigentlich noch Glaubenszweifel? Früher stellten sich die Leute Fragen zum Glauben, jetzt wissen alle immer alles. Viele sind sicher: Es gibt Engel. Und behaupten im gleichen Atemzug: Gott gibt es nicht. Viele sind überzeugt: Von diesen Steinen geht eine positive Energie aus. Aber die Wunder Jesu halten sie für Quatsch. Sehr viele Leute nutzen einen handgroßen Minihochleistungscomputer mit nanobeschichtetem Glas, Touchscreen und Lithium-Ionen-Akku, posten in Echtzeit und verkünden trotzdem auf Tiktok: „Der Wissenschaft darf man nicht glauben!“ Was ist bitte los in den Köpfen?

Vom Glauben der Leute halte ich nicht viel. Den Glauben der Kirche bewundere ich. Im Glauben unserer Kirche finde ich Treue, Harmonie und Schönheit, Richtigkeit – und offene Fragen. Ausgerechnet am Fest Fronleichnam trägt die Kirche Ihnen eine Lesung vor, wo es heißt: „Er hat dich mit dem Manna gespeist, das du nicht kanntest.“ Was soll dieses Manna sein? Was ist die Eucharistie wirklich? Wie geht das, dass ein Stück Brot zum Leib des Herrn wird? Die Kirche unterdrückt die Frage nicht, sie stellt sie in den Raum. Ausgerechnet am „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“ trägt sie das Evangelium vor, wo es heißt: „Da stritten sie untereinander und sagten: Wie kann er uns sei Fleisch zu essen geben?“ Jesus hatte den Leuten gesagt: „Wer von diesem Brot isst, wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch.“ Die Kirche verbannt den Zweifel nicht, sie gibt ihm sogar eine Stimme. Jesus hört die Fragenden und Zweifelnden an, er tadelt sie nicht und lehrt weiter.

Die Kirche Jesu Christi sagt: „In der Eucharistie“ – also in der Hostie – „ist der ganze Christus, Gott und Mensch gegenwärtig [1].“ Aber niemand hier muss eine Glaubensprüfung ablegen. Die Kirche Christi sagt: „Um die heilige Kommunion zu empfangen, muss man der Katholischen Kirche voll eingegliedert sein.“ Wer ausgetreten ist, kann nicht zur Kommunion gehen; das scheint mir logisch und anständig. Wer die Kommunion empfangen will, so die Kirche weiter, „muss sich im Stand der Gnade befinden“. D. h. man darf sich keiner Todsünde bewusst sein. M. a. W.: Prüfe dein Gewissen, dein Inneres. Du selbst. Die Kirche lehrt weiter: Wer sich einer schweren Sünde bewusst ist, muss beichten, bevor er zur Kommunion geht [2]. Wenn alle immer zur Kommunion gehen und alle nie zur Beichte, kann das nur bedeuten: Niemand hat schwer gesündigt, niemand hat sich je mit einer Tat oder einem Gedanken von Gott getrennt [3]. Niemand außer mir. Auch eine Form der Einsamkeit. Sie haben in der Kirche also strenge Klarheit – und gleichzeitig Fragen, Zweifel, Zurückhaltung, Achtung vor Ihrem Inneren. Im Netz finden Sie nur brüllende Gewissheit. „So ist es!“ Die Kirche hingegen fragt, überlegt, wartet, betet an.

Das alles nehme ich nachher mit hinaus auf die Straße. Sie auch! Wer mit der Prozession geht, erweckt zumindest den Anschein, er sei überzeugter Katholik. Sie werden mir vielleicht sagen: Aber Fronleichnam ist doch nur ein alter schöner Brauch, eine Art Oktoberfest auf Weihrauch, mit dem Glauben hat das nicht viel zu tun. Ja, der Gedanke beschleicht mich auch, wenn ich sehe, wie die Leute stehenbleiben, wenn die Monstranz vorübergeht. Niemand kniet mehr nieder. So als trüge ich einen Kasten Bier vorbei.

Ihnen ist hoffentlich klar: Die, die hier wohnen und nicht mit uns feiern, die messen jeden, der an Fronleichnam mittut am katholischen Glauben.

Die Leute, die in Paris Wassereimer aus den Fenstern kippen, wenn die Prozession unten am Haus vorbeigeht, halten alle, die da mitgehen für echte Christen – und hassen sie. Der Radfahrer in seinem Knackwurst-Outfit, der dem Allerheiligsten den Hintern zukehrt, wenn es vorüberzieht, der hält alle, die da mitgehen für echte Katholiken – und verachtet sie. Ob Sie es wollen oder nicht, Sie werden heute in den Glauben hineingestellt, in seine Wahrheit, seine Schönheit, in seine Fragen und in seinen Kampf.

Weil das so ist, müssen wir wissen, was wir da tun. Wir müssen auch wissen, ob wir so weitertun wollen. Ein bisschen? Oder unbedingt?

Ich denke viel über die Kirche nach, über die Bräuche, über die Heimat. Ich sehe, was Sie alles ins Werk setzen, ich bewundere Ihren Einsatz und Zusammenhalt und ahne dennoch die Veränderungen. Irgendwann fehlt dies, irgendwann fehlen jene. Es sieht immer noch gut aus in NN, aber, wenn Sie ehrlich sind, es wird nicht immer lebendiger; es werden nicht mehr, es werden weniger. Wie oft kann man sagen „Geht auch ohne“, bis etwas wirklich aus und vorbei ist? Es geht auch ohne Kirchenverwaltung. Es geht auch ohne Beichte, ohne Sonntagsmesse; es geht auch ohne Rosenkranz und ohne Glaubensbekenntnis. Ohne Prozession. Geht alles. Aber die Luft wird immer dünner.

Sind Bräuche genug? Braucht es nicht auch einen klaren Inhalt und einen klaren Auftrag? Ich denke an letzte Pfingsten, wo 19.000 junge Leute 100 km zu Fuß zur berühmten Kathedrale von Chartres pilgerten – und am Ziel die alte lateinische Messe wollten. Was ist da los? Ich denke an die vielen (!) Häuser hier, wo die Leute jetzt im Bett liegen oder zocken oder frühstücken, wo im Fenster keine einzige Blume steht und kein Heiligenbild. Was ist da passiert? Ich denke an die Kinder, die nichts verstehen, weil es ihnen keiner erklärt hat. Was hören unsere Kinder von Leiden? Von Auferstehung? Von Erlösung? Von der Gegenwart Jesu?

Was hat man dem kleinen Jungen erzählt, der hier die Hostie greift, sie in die Bank mitnimmt und dort verzehrt wie ein Pommes? Haben die Katholiken in Wirklichkeit nicht längst aufgegeben?

Ich will nicht aufgeben. Ich will mehr. Ich habe so viele Idee zu Fronleichnam: von den geschmückten Monstranz über die Einladung an die Kommunionkinder des nächsten Jahres, die mit blauen Schärpen und stolzen Eltern in der Prozession mitgehen, bis hin zu einem Brieferl in jedes Haus am Wegrand: „Helfen Sie, NN zu schmücken!“ Es könnte noch schöner, noch lebendiger sein hier. Ich weiß aber auch: Ohne Glauben wäre das alles nur Getue.

Glaube also. Da gibt es eine große Spannbreite: von den echten Zumutungen des Glaubens bis hin zum ganz einfachen menschlichen Tun. Der Glaube sagt uns: Wir begehen hier „das Gedächtnis seines Leidens und seiner Auferstehung [4]“. So das Tagesgebet. Der Glaube sagt uns: Wir machen den ganzen Aufwand, damit uns „die Frucht der Erlösung zuteil wird [5]. Was ist die Frucht der Erlösung? Für immer selig beim dreifaltigen Gott leben zu können. Das ist der Glaube. Das ist das Ziel der Prozession.

Und was ist der Auftrag? Mission. Heute bedeutet Mission zeigen. Das Allerheiligste und uns selbst. Das ist die Hoffnung dieses Festes: dass Menschen zum Glauben kommen. Indem sie uns sehen. Unseren Zusammenhalt, unseren Eifer, unsere Andacht. Aber auch unsere Ratlosigkeit vor den Rätseln des Glaubens. Unseren Mut zu glauben, was wir nicht erklären können.

[1] Vgl. Katechismus der katholischen Kirche. Kompendium, 282.

[2] Ebd. 291.

[3] Siehe Cyprian von Karthago über das Vaterunser („Und vergib uns unsere Schuld“): „Dadurch, dass er angehalten wird, jeden Tag wegen seiner Sünden zu beten, wird ihm klargemacht, dass er täglich sündigt.

[4] Tagesgebet des Hochfestes.

[5] Ebd.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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