Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Montag, 7. Februar 2022, 5. Woche im Jahreskreis

07/02/2022 


Die Predigt zum Anhören

Montag, 7. Februar 2022, 5. Woche im Jahreskreis
(Lesungen vom Donnerstag der 6. Woche: Gen 9,1-13)

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Wir leben unter Räubern. Tempelräuber. Räuber des Heiligen. Primadonnen ohne Glauben nehmen sich das „Stabat Mater“, Konzert-Agenturen greifen sich Oratorien und Messen, der Handel hat sich Weihnachten genommen, und Politiker blättern in der Heiligen Schrift. Was von der Kirche kam, sei doch längst im Besitz aller, sagt man uns. Die Sixtinische Kapelle: „Weltkulturerbe“, „Menschheitsgut“. Leute, die so denken, meinen auch, das buddhistische Heiligtum im Urlaubsland gehöre ihnen und nicht den Menschen, die dort beten. Ist es wirklich ganz absurd, wenn mich Unbehagen angreift, sobald ich Altarbilder und Reliquiare in einem Museum sehe? Aber gut.

Ist mit dem Satz „Das gehört mir!“ alles gesagt? Geht es ums Besitzen? Ist die In-Besitznahme die einzig richtige Art, auf die Welt zuzugehen? Amazonaswald, Meeresgrund, Bibel: Alles gehört irgendjemandem und der kann dann damit machen, was er will, weil es ihm ja gehört?

Oder geht es um das Geben, das Hören und Fragen und Verstehen? Die Industrie-Frauen und -Männer, die in dem Publikum sagen: „Schon in der Bibel steht: Macht euch die Erde untertan!“, die Politiker, die der Presse sagen: „Tiere gehören nun einmal dem Menschen, sagt doch sogar die Bibel!“, solche Leute nehmen sich die Bibel. Weil sie ja allen gehört. Also ihnen. Erster, gewonnen!

Uns hier gehört die Bibel nicht. Sie wird uns im einen Moment gegeben und im anderen wieder genommen. Und die Bibel hört nicht uns, wir hören sie.

Wer meint, die Bibel gehöre ihm, der nimmt sie sich, Wort für Wort. Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Wer hingegen die Bibel hört, der müht sich, alles zu hören, alles zu verstehen… Das Ganze, das größer ist als der Einzelne.

Da steht nun heute: „Seid fruchtbar, vermehrt euch und bevölkert die Erde.“ Die, die nur dieses eine Wort hören wollen, schreien sofort: „Die sind schuld an der Überbevölkerung! Die mit ihrer Bibel!“

Da steht weiter: „Furcht und Schrecken vor euch Menschen soll sich auf die Tiere der Erde legen.“ Schon haben die Vegetarier der Welt das Bibelwort, das sie brauchen.

Es gibt fürchterliche Worte in der Schrift; es ist kein Kunststück, sie zu finden. Aber wir, wir suchen nicht, wir hören. Den ganzen Satz, das ganze Kapitel, das ganze Buch. Das vermag nur die Kirche. Denn sie allein hört die Stimme dieses Buches seit 2000 Jahren, in allen Stunden des Tages und der Nacht, immer und immer wieder. Die Kirche wählt nicht aus. Sie besitzt nicht. Menschen nicht, das Heilige nicht.

In derselben Lesung hören wir auch: „Nur Fleisch, in dem noch Blut ist, dürft ihr nicht essen.“ – „Ihr dürft nicht…“ Das ist doch eine erste Grenze, die dem Menschen gezogen wird. Schon wankt die unumschränkte Herrschaft über die ganze Schöpfung, die eben noch behauptet wurde. Die Scheu vor dem Leben der Tiere soll dem Menschen nicht verloren gehen; er soll das Blut der Tiere nicht trinken, denn das Blut trägt, so dachten die Alten, das Leben. Scheu statt Unverschämtheit. – Hätte der Priester doch das gehabt, als das Kind vor ihm stand: Scheu statt Unverschämtheit. Der Priester besitzt nicht: Das bedeutet Zölibat auch.

„Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut wird durch Menschen vergossen.“ Wer schnell denkt, wer zugreift, der mag da sagen: Blutrache, Barbarei! Wir hingegen erkennen den Anfang einer Ordnung. Sie steht gegen die Anarchie und die Herrschaft der Stärkeren. Die Bibel ermächtigt und die Bibel bindet die Mächtigen.

In der Lesung heißt es auch: „Als Abbild Gottes hat er den Menschen gemacht.“ Da sagen die einen: frommes Gequatsche. Die anderen werden stolz und verheben sich. „Ich bin das Bild Gottes! Ich, der weiße Mann.“ Wir hingegen erkennen Ordnung und Grenze. Wir blicken uns im Spiegel an und wissen: So wie ich geworden bin, bin ich kein Bild Gottes. Es gibt nur einen einzigen Menschen, der wirklich das Bild Gottes ist: Jesus Christus.

Er lehrt uns das Vaterunser. Die Politiker, die der Menge zurufen „Auge um Auge, Zahn um Zahn!“ und dann den Marschbefehl geben, erwähnen dieses Gebet nie; das Gebet des Herrn, in dem vom Brot die Rede ist, das täglich gegeben, nicht genommen wird und von Vergebung.

Wenn Sie herausnehmen, auswählen, isolieren, besitzen, werden Sie sich verrennen. Das ist die Geschichte aller Sekten. Wenn Sie aber hören und das ganze Buch in das Licht stellen, das von Christus ausgeht, dann werden Sie wirklich verstehen. Christus ist der wahre Übersetzer der Bibel ins Leben. Wer die Bibel liest allein, ohne ihn, für den wäre es besser, er bliebe bei facebook oder seiner Kreditkarte.

Die Lesung des Tages beginnt mit den Worten: „Gott segnete.“ Das ist die Überschrift vor allem anderen. Gott segnet den Menschen. Damit hat der Mensch ein Gegenüber. Das ergibt eine andere Welt als die, in der der Mensch allein ist und alleine herrscht.

Das Buch Genesis spricht heute von einer Welt, die das Paradies längst vergessen hat. Der Mensch gibt den Tieren nicht mehr ihren Namen, sondern nimmt ihnen das Leben. Mit dem Frieden des Paradieses ist es aus. Jetzt muss das Leben geschützt werden. Und so steht am Ende der Lesung das Wort: Bund. – Der Bund, „den ich stifte zwischen mir und euch und den lebendigen Wesen bei euch“. Der Bund zwischen Gott und der Erde. Der Mensch, der nur hört „euch sind sie übergeben“ und sich als Besitzer fühlt, der wird die Erde verderben. Der Mensch, der das Ganze hört, auch die Botschaft von Grenzen, Ordnung und Bund, der wird behüten, was ihm anvertraut wurde. Wir besitzen nicht.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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