Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest des Hl. Leopold, 15. November 2021

15/11/2021 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Meinen Sie wirklich, hier ginge es nur um fromme Erhebung und schöne Klänge? Ganz sicher nicht. Hier geht es um Maßstäbe. Um das Zusammenleben von guten Menschen und Dummköpfen und Gesindel. Denn das ist das Gemeinwesen nun einmal. Es geht um die Zukunft des Staates. Für alles das steht ja der hl. Leopold. Der Patron des Landes. Doch dazu später mehr.

Zuerst kommt die Heilige Schrift. „Wohl dem Mann, der Weisheit gefunden, der Einsicht gewonnen hat. Denn sie zu gewinnen ist besser als Gold.“ Sie haben schon richtig verstanden: Es geht um die Entscheidung für die Einsicht oder für „Silber und Gold“.

„Wohl dem Mann, der Weisheit gefunden hat.“ So etwas wird üblicherweise schnell abgelegt auf hässlichen Spruch-Karten. Ich will das nicht. Ich will einfach nicht, dass die Hl. Schrift aus der Stadt, aus der „civitas“ hinausgedrängt wird, irgendwohin in die Schrebergärten; dorthin, wo nichts weh tut und nichts ärgert; allenfalls der Nachbar, der nicht oft genug seine Beete gießt.

Ich will das Evangelium überall. Hier, in Ihren Wohnungen, im Erzbischöflichen Ordinariat, in den Partei-Zentralen. Und in der Hofburg. Und bei Peek & Cloppenburg. Ich will nicht einen römisch-katholischen Staat, aber sehr wohl eine Gesellschaft, die vom Geist Christi geprägt wird. Weil ihr nichts Besseres passieren kann.

„Wohl dem Mann, der Weisheit gefunden hat. Denn sie zu erwerben ist besser als Gold.“ Darum geht es am Fest des hl. Leopold: um eine Grundentscheidung. Anders gesagt: Von wem wollen Sie regiert werden?

Denken Sie über so etwas nach? Über Ihre Antipathie für einzelne Gestalten hinaus? „Rendi-Wagner – unmöglich!“ „Krickl – hat doch Recht!“

Wer soll uns regieren? Frauen und Männer, die Weisheit gefunden haben? Die also die Weisheit gesucht, wirklich gesucht haben? Die die Weisheit festhalten, weil sie kostbar ist?

Was ist Weisheit? Weisheit ist die Fähigkeit, die Zusammenhänge tiefer zu verstehen. Die Fähigkeit, die Wahrheit zu suchen, zu erkennen und zu tun. Nicht bloß die Wahrheit irgendeiner Statistik oder eines Parteiprogramms, sondern letztlich die Wahrheit Gottes. Die ja kein Geheimnis ist. Gott hat gesprochen, vergessen Sie das nicht! Wir haben die Zehn Gebote. Wir haben die Predigt Jesu.

Ich will nicht, dass das Land regiert wird – und auch nicht die Familie oder die Pfarre oder der Orden – von Typen, die so beschränkt sind, dass sie nichts weiter suchen als „Silber und Gold“. Der hl. Leopold verkörpert die Hoffnung der Menschen, es könne etwas wie den weisen, gerechten Herrscher wirklich geben. So etwas sei eben doch kein frommer Traum, den die „Realisten“ lächelnd abtun können, bevor sie die nächste Twitter-Botschaft abschicken.

Das Geheimnis des Individuums bleibt, wir können keine Gestalt der Geschichte vollends analysieren. Wir müssen sie auch nicht schönreden. Aber wir können uns annähern. Suchen Sie die Nähe der Menschen, von denen Sie lernen können. Die Nähe der Meister und Meisterinnen. Meiden Sie die anderen.

Die Annäherung an den hl. Leopold ergibt immerhin dies: Seine Mutter war die Nichte des Kaisers von Byzanz; seine Frau Ilona war die Schwester des Königs von Ungarn. Leopold war in Jerusalem und in Konstantinopel. Er maß sich mit den Königen von Frankreich und England. Letzteren nahm er gefangen. Und riskierte darüber einen Konflikt mit dem Papst. So viele Begegnungen, Entscheidungen, Weite!

Die Regierung Leopolds steht für die ersten Schritte zur Schaffung einer Gemeinschaft von Ländern, die einmal „Österreich“ heißen würde. Sie steht für reiche Stiftungen: Heiligenkreuz, Klosterneuburg… Für Bildung, Wohltätigkeit, fürstliche Hochherzigkeit. Wie viele Politiker*innen kennen Sie, die Sie „hochherzig“ nennen würden? Oder „weise“?

Selbstkritische Rückfrage an mich: Nutze ich den hl. Leopold nur als ein Transportmittel für meine eigenen Anliegen? M. a. W. was hat er selbst wirklich zu tun mit uns? Ich finde die Antwort in der Liturgie. Die Präfation der Heiligenfeste definiert die zeitlose Aufgabe der Heiligen: Zeichen der göttlichen Liebe zu sein. Mit ihrem Glauben uns die Kraft zu geben, „nach der Fülle (!) des Heils zu streben“. Mit ihrer Fürsprache uns Zuversicht für diese Welt zu geben. Der hl. Leopold ist also ein Zeichen, ein Vorbild, ein Helfer. Oder eben nur einer, der schon lange tot ist.

Was er für uns tut, heute, das kann gar nicht ohne Auswirkungen auf die Gesellschaft bleiben. Wer „nach der Fülle des Heils strebt“, wer Hoffnung hat, wer die Zeichen der göttlichen Liebe zu sehen vermag, der prägt das Land. Anders, wirklich anders als die, die Silber und Gold suchen: Macht, Umfrageplus, noch einen Posten. Dieses Fest gebiert den Entschluss, Weisheit und Erkenntnis zu suchen und so zum allgemeinen Wohl beizutragen.

Der Staat muss sich nicht um das Seelenheil der Menschen kümmern. Aber er muss die Möglichkeiten schaffen, wirtschaftlich, kulturell, sozial, dass Menschen so leben können, dass ihre Seele Kraft und Raum hat, das Heil zu suchen. Hat eine Mutter, die hier mit drei kleinen Kindern allein ist, in Corona-Zeiten, noch Kraft und Raum, ihre Seele für Gott zu öffnen?

Dieses Fest weckt die Sehnsucht nach Männern und Frauen, die über den Parteien stehen, die wirken allein dadurch, dass sie sind. Nicht ihre Begabung ist wichtig, schon gar nicht, ob sie fotogen sind, sondern ihre Weisheit.

Sind Staat und Kirche so, dass es solche Frauen und Männer geben kann?

Gott schütze Österreich!

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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