Fest der Hll. Kosmas und Damian, 26. September 2016
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes
„Die Silberlosen.“ So der Beiname der Märtyrer Kosmas und Damian. „Die Silberlosen“, weil die beiden Ärzte die Menschen unentgeltlich behandelten. Nicht weil Kosmas und Damian reich waren und auf die Einnahmen verzichten konnten, sondern um der Richtigkeit willen: Sie spürten, dass nicht sie heilten, sondern Christus. Wie also sollten sie gerechterweise Geld verlangen? Kosmas und Damian: richtige Männer.
„Über die Märtyrer Kosmas und Damian gibt es keine sicheren Nachrichten“, heißt es in den Büchern. Dennoch feiert sie die Kirche, seit über eintausend und fünfhundert Jahren überall; an vielen Orten der Alten Welt mit besonderer Treue und Verehrung. Vielleicht geht das, weil Vertrauen wichtiger ist als Wissen?
Kosmas und Damian waren Syrer. Ihr Fest erinnert also auch an die Zeit, in der Nordafrika christlich war. Wird Europa einmal christlich gewesen sein? Wird der Wind durch die leeren Dome und Kathedralen ziehen und wird nur noch Staunen sein, aber kein Glaube mehr? So wie heute vor den Tempeln der Azteken? Aber das nur nebenbei…
Nur nebenbei auch der Gedanke, dass wir hier in Wien viele Jahre lang die Märtyrer der Kirche mit gelassener, fast gelangweilter Distanz feiern konnten: „Vergangene Zeiten!“ Und mit einem Mal, seit diesem Sommer ist das Martyrium am Altar wieder eine realistische Möglichkeit…
Kosmas und Damian waren Brüder, vielleicht sogar Zwillinge. Als Ärzte sollen sie viele zum Christentum bekehrt haben, unter dem Kaiser Diokletian gefoltert und enthauptet worden sein. Das war in Jahr 303 in Kilikien, einer Landschaft im Südosten Kleinasiens. „Wie Gold im Schmelzofen hat er sie erprobt und sie angenommen als ein vollgültiges Opfer“ (Weish 3). Zwei Menschen wie Gold: kostbar und selten. Kosmas und Damian werden als Patrone der Kranken, Ärzte, Apotheker und medizinischen Fakultäten verehrt. Ihre Namen stehen für immer im Hochgebet der Hl. Messe.
Die Legenden, die von ihnen erzählen, die Geschichte ihrer Reliquien, die Wege, die ihre Verehrung genommen hat: unentwirrbar. Aber dicht und schön. Ein Gedanke taucht da immer wieder auf, in immer neuen Variationen: Einmal heißen sie die „heiligen Geldverächter“, dann „die Uneigennützigen“; woanders „die Silberlosen“. Nicht der bedrohte Glaube und das Martyrium sollen uns heute interessieren, sondern die Haltung, die hinter diesen Namen steht. „Die Silberlosen“ – Großzügigkeit. Générosité. Das Nicht-Rechnen. Das Seiner-selbst-nicht-weiter-achten. Man muss nicht immer schlafen, wenn man müde ist; man muss nicht immer essen, wenn man hungrig ist; man muss nicht unbedingt Beachtung finden… Das Fest der beiden heiligen Brüder wird zur Mahnung an die, die bei allem fragen: „Was habe ich davon?“ Die nie etwas umsonst tun. Deren Devise lautet: „Geiz ist geil!“ Die ihre Beziehungen beenden, wenn sie nicht mehr profitabel sind. Wenn der andere keinen Spaß mehr macht, kein Prestige mehr bringt, sondern Mühe macht.
Von Kosmas und Damian wird erzählt, was von vielen anderen Heiligen auch berichtet wird: dass ihre mächtigen Gegner alle Mühe hatten, sie umzubringen. Auf alle mögliche, furchtbare Weise werden sie gequält, – aber sie leben dennoch. Schließlich sieht es beinahe aus, als seien die Gegner erschöpft, gar nicht mehr fähig, sich über den Tod dieser Christen zu freuen. Das ist der Moment, wo ihr Tod zum Sieg wird, zum Schritt ins neue Leben.
Was in diesen heute so fremden Erzählungen transportiert wird, ist die Botschaft von Fruchtlosigkeit, Stärke und Vitalität. Und Klarsicht: „Wir haben bloß die Kraft Christi, die uns vor allen Leiden beschützt“, erklären die beiden ihren immer verzweifelteren Folterern. – „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können…“
Furchtlosigkeit und Stärke stehen auch hinter ihrer Großzügigkeit. „Die Silberlosen.“ Großzügig kann nur der sein, der keine Angst hat, sich nicht ständig sorgt. Oder besser: der sich nur um das wirklich Wichtige sorgt. Und wirklich wichtig ist nicht viel im Leben… Großzügig kann vielleicht auch nur der sein, der sich selbst nicht überschätzt. „Uns aber gewähre immer neu deine Hilfe“, heißt es im Tagesgebet, und wir realisieren: Ja, ich brauche Hilfe. Nicht einmal, nicht in Ausnahmesituationen – immer und immer wieder. Das zu wissen, streckt mich aber nicht nieder, es blamiert mich nicht und macht mich nicht klein – es macht mich frei. So frei, dass ich vertrauen kann und die harten Währungen dieser Welt nicht mehr anerkennen muss. – „Alle, die ihm vertrauen, werden die Wahrheit erkennen und die Treuen werden bei ihm bleiben in Liebe.“ Heiliger Kosmas und heiliger Damian, ihr heiligen Geldverächter, bittet für uns.
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