Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Dienstag der 6. Woche im Jahreskreis, 13. Februar 2018 (Montag, 12.2.18)

13/02/2018 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Glücklich der Mann, der in der Versuchung standhält.“ So eben in der Lesung. Als Inschrift an öffentlichen Gebäuden ginge das heute nicht mehr durch, wegen Mann und so. Doch das muss uns jetzt nicht interessieren. Uns genügt: Alle, Frauen und Männer beten Tag für Tag: „Führe uns nicht in Versuchung!“

Ganz so sonnig, wie der aktuelle Papst ihn zeigt, ist Gott in den Evangelien nicht, in der Bibel insgesamt schon gar nicht. Es gibt heute nicht wenige, die die Hl. Schrift als Verfügungsmasse betrachten: Was nicht gefällt, kann raus. Gute Argumente finden sich immer. Ist das Leben so einfach?

Die Menschen der Bibel werden scharenweise versucht und geprüft. Abraham soll seinen eigenen Sohn opfern, Hiob verliert alles, was ihm lieb ist, Maria wird ein Schwert durch die Seele dringen, und Jesus erträgt 40 Tage Wüste und die Nacht am Ölberg. Recht besehen war sein Leben eine ununterbrochene Reihe von Versuchungen. Um ihn herum siegte unaufhörlich das Böse, vom Mord an den unschuldigen Kindern bis zum Verrat aller Freunde am Karfreitag. Gerade wenn wir das Leben Jesu bedenken, verstehen wir: Versuchung ist mehr als ein Praliné in der Fastenzeit, mehr als eine hübsche Frau und mehr als ein Koffer von Geld. In seinen Versuchungen begegnet Jesus den dunkelsten Seiten des Lebens. Noch in den letzten Stunden, am Ölberg wurde Jesus versucht – aber gestärkt. Genau darum bitten wir: um Stärke. Damit wir angesichts des Bösen und des Leidens den Glauben nicht verlieren.

Haben wir es mit einem Sado-Maso-Gott zu tun? Erschrecken Sie nicht! Bleiben Sie nüchtern – und Sie werden zugeben, dass genau das millionenfach gedacht und geschrieen wird: in den Krankenhäusern, auf den Friedhöfen, in den Wohnungen, aus denen gerade der eine ausgezogen ist und der andere allein zurückbleibt. Wie ist Gott? Ich liebe den christlichen Glauben, weil er einerseits wahr ist, realistisch und andererseits Hoffnung gibt. Weil er die Wahrheit sagt, aber die Wahrheit nicht einengt. Weil er Fragen offen lässt. – Ideologien und Moden tun das nicht.

„Führe uns nicht in Versuchung!“ Wer lässt sich gerne sagen, dass er versuchbar ist, also schwach? Mit anderen Worten: korrumpierbar. Hinter der Vaterunser-Bitte steht kein anziehendes Menschenbild. Hinter ihr steht auch ein verstörendes Gottesbild. Kommen Leiden, Prüfungen, Zweifel von Gott? Schickt uns Gott selbst die Versuchungen? Oder lässt er sie nur zu? Was wird da gespielt? Und wer spielt? Wir werden darauf keine Antwort bekommen, von der Wissenschaft nicht, vom Papst nicht, von Gott nicht. Jetzt nicht. Wir werden auch diesmal alle mit Fragen nach Hause gehen, vielleicht auch mit Angst; aber eines immerhin kann helfen: die Sache von hinten her zu betrachten, vom Ergebnis. Also: Was wird aus dem, der die Versuchungen bestanden hat?

Es braucht Prüfungen. Alle wichtigen und weniger wichtigen Bereiche unseres Lebens brauchen sie. Damit wir reifen; gut werden in dieser oder jener Sache. Eine Freundschaft, ein Talent, eine Karriere, eine Ehe – alles braucht Herausforderung, um wirklich tief zu werden. Mit dem Glauben ist es ähnlich.

Für das Heil selbst sind Prüfungen nicht notwendig, denn das Heil wird nicht durch Leistungen erwirkt. Die einzige Leistung, die es zum Heil des Menschen brauchte, war die des Heilands. Das Heil wird gegeben, unabhängig davon, ob wir Prüfungen bestehen oder nicht (s. der Verlorene Sohn). Aber auf der menschlichen, individuellen Ebene – auf der Gott ja ebenfalls wirkt –, da braucht es Prüfungen. Um von einer vordergründigen Frömmigkeit wegzukommen, hin zu einer echten Einheit mit Gott. Wir haben ja nicht spontan die Regung, uns dem Willen Gottes zu fügen. Das geht erst nach langen Kämpfen. Kämpfen um den Glauben.

Liebe ist immer ein Prozess der Reinigungen, der Verzichte, schmerzvoller Wandlungen. Liebe, wenn sie echt ist, verändert uns; Liebe geht nicht ohne Reifung. Der Mensch braucht Reinigungen und Verwandlungen. Diese sind keine Spielereien. Sie können gefährlich werden; in den Prüfungen, in den Versuchungen kann ein Mensch abstürzen. Aber es sind doch Wege, um zu Gott (und damit zu sich selbst) zu kommen.

Wenn wir beten „Führe uns nicht in Versuchung“, sagen wir damit zu Gott: „Ich weiß, dass ich Prüfungen brauche, damit mein Wesen rein, geläutert wird. Wenn du dazu dem Bösen einen Freiraum gibst, Gott, dann denke an meine begrenzte Kraft. Bleibe in der Nähe.“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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