Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Dienstag der 28. Woche im Jahreskreis, 11. Oktober 2016

07/11/2016 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Welche Welt wollen Sie? Ich frage Sie das, weil wir wählen können. Es liegen verschiedene Vorschläge vor, konkurrierende Welten. Viel Demokratie oder wenig Demokratie. Islam oder Atheismus. Kapitalismus oder soziale Marktwirtschaft. Wir Katholiken müssen nicht hinnehmen; wir können wählen, mitbestimmen, gestalten. Wir sind keine Opfer.

Also: Wollen Sie eine Welt, in der der Mensch das Ende seines Lebens selbst bestimmt? Natürlich zusammen mit seinen Angehörigen und den Ärzten. Und den Krankenkassen. Eine Welt, in der der Mensch auch den Anfang des Lebens selbst bestimmt? Nicht des eigenen Lebens; das geht nun wirklich nicht: Aber den Anfang anderer Leben: Zeitpunkt, Geschlecht, Gesundheit, Begabung des Kindes, das zur Welt kommen soll. Alles soll bestimmt werden. Von Eltern, Ärzten und Versicherungen. Wollen Sie eine Welt, in der Geisteswissenschaften und Kunst nur noch Verzierungen sind, nicht lebensnotwendig für eine gesunde Gesellschaft? Wollen Sie Universitäten, die nur noch das unterrichten, was sich später in Geld umrechnen lässt? Wollen Sie eine Welt, in der Leistung zählen soll? Ein wenig Leistung? Vor allem die Leistung? Oder ausschließlich die Leistung? Eine Welt, wo sozialer Einsatz und gute Manieren nicht um des anderen willen gepflegt werden, sondern weil sie dem eigenen Fortkommen dienen? Manieren und Charity als Karrieremittel? Wollen Sie eine Welt, in der jeder sich anstrengen muss und wo am Ende nur dies zählt: Hat er etwas gebracht? Wo es am Ende nur loser und Gewinner gibt? Und noch eine letzte Frage. Was kommt dann? Nach dem Ende hier? Heute sagen die meisten: nichts. Es kommt nichts mehr. Die, die noch religiös sind, sagen: Es wird alles gut. Denn Gott liebt jeden gleich und vergibt alles. Kein Risiko. Nur Barmherzigkeit, keine Gerechtigkeit. Keine Sorge um das Heil.

Und nach all diesen Fragen hören Sie jetzt bitte den Apostel Paulus: „Wenn ihr also durch das Gesetz gerecht werden wollt, dann habt ihr mit Christus nichts mehr zu tun. Ihr seid aus der Gnade herausgefallen.“ Was wird aus dem, der mit Christus nichts mehr zu tun hat?

„Durch das Gesetz gerecht werden“, was bedeutet das? Nichts anderes als dies: Der Mensch kennt die Regeln (das „Gesetz“); er hält sich daran, er strengt sich an, er korrigiert sich, er wird immer besser, er tut Gutes – und am Ende steht er vor Gott: tadellos. Ein paar kleine Schönheitsfehler vielleicht (Notlügen), aber die zählen nicht wirklich. Der Mensch hat sich im Grunde selbst erlöst. Gott wird das anerkennen – müssen.

Das bedeutet auch die Verlagerung nach außen, ins Sichtbare, Vorzeigbare. Wie die Reinheit der Pharisäer: „O ihr Pharisäer! Ihr haltet zwar Becher und Teller außen sauber, innen aber seid ihr voll… Bosheit!“ Diese Haltung hat Eingang gefunden in die Kirche. Wir erleben eine Kirche, die sich um Organisation, Strukturen, Erhaltung kümmert, aber den Gedanken an das Innere, die Sorge um das Heil meidet wie der Teufel das Weihwasser. „Fromm“, „unrealisitsch“, „exklusiv“, „fundamentalistisch“, so die Schreckbegriffe dieser Kirche. Ihr Lieblingsargument: „Das geht nicht! Da machen die Leute nicht mit! Da bleiben die Leute weg!“ Kann es sein, dass Jesus und auch Paulus „fromm“ waren? „Unrealistisch“ und „fundamentalistisch“?

Das ist die klare Lehre des echten Christentums: Das Heil (das Gelingen, die Erlösung, der „Erfolg“) beginnt für den Menschen nicht dadurch, dass er etwas Verdienstvolles tut, sondern dadurch, dass er glaubt. Dass er an Jesus Christus glaubt. Daran, dass Gott durch Jesus Christus alles getan hat. Dass Gott der zuerst Handelnde ist. „Gnade“, das meint genau dies: Handeln Gottes. Dann aber meint das Wort des Apostels „Ihr seid aus der Gnade herausgefallen“: Ihr seid aus dem Handeln Gottes herausgefallen. Was wird aus dem Menschen, der aus dem Handeln Gottes herausfällt?

Glaube heißt: Der Mensch nimmt die angebotene Gnade Gottes an. Das Geschenk und das Ja sind also das Erste. Nicht die Leistung. Zuerst Empfangen, dann Tun. Der Hl. Geist treibt zu Taten der Liebe. Und das gilt für „Juden und Griechen“, was in der Sprache Paulus’ bedeutet: für alle Menschen. Frauen, Männer, Hochgestellte, Arme, Gebildete und Ungebildete. Empfangen kann jeder, tun kann jeder. Wir haben da eine wunderbare Freiheit. „Zur Freiheit hat Christus uns befreit“ (5.1)

Wenn wir diesen Glauben wirklich leben, dann verändern wir die Kirche und diese Welt; das ist offenkundig. Haben Sie keine Lust dazu? Sind müde oder ängstlich? Sind Sie zufrieden mit dem, was ist? Wie können Sie?! Seien Sie kein Opfer! Mehr Mut! Sie sind so reich beschenkt!

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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