Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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27. Sonntag im Jahreskreis (C), 2. Oktober 2016

07/11/2016 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Durchhalten! Sie wissen es, beinahe jeder erlebt es irgendwann: Zeiten, persönliche Situationen, politische Situationen, wo dies das letzte Wort ist: Durchhalten! Nicht Aufgeben! Alles andere funktioniert nicht mehr. Gute Ratschläge, Trost, Ablenkung: alles nutzlos. Und es ist keine Hilfe in Sicht. Keine. Auch Gott hilft nicht. Noch nicht oder nie, wer weiß es? Es bleibt nur noch der unbedingte Wille durchzuhalten. Es bleibt nur noch die Treue.

Alle Menschen zu allen Zeiten erleben das. „Wohin ich blicke: Misshandlung und Gewalt“, heißt es in der Lesung, einem Text aus dem siebten Jahrhundert vor Christus. Es könnte auch von heute sein; jede Nachrichtensendung zeigt es. Das ist aber noch nicht das Schlimmste. Viel schlimmer ist die drohende Hoffnungslosigkeit. „Wie lange, Herr, soll ich noch rufen, und du hörst nicht? Ich schreie zu dir, aber du hilfst nicht!“ Damals, heute, immer gibt es Menschen, die beten, die flehen – und es passiert nichts. So scheint es. In solchen Momenten gibt es nicht mehr viele Optionen. Aufgeben ist eine, Rebellion die andere. Die dritte ist: Durchhalten. Und das nennt man Treue.

Treue ist existenznotwendig. Natürlich nicht für bindungsunfähige Egoisten, aber für alle anderen: Kinder können ohne die Treue ihrer Eltern nicht existieren; Eheleute sind (wenn es eine echte Ehe ist) aufeinander angewiesen: der eine auf die Treue des anderen. Und die Idee eines Volkes Gottes, von der in der Kirche so viel die Rede ist, funktioniert nicht ohne die Idee der Treue. Keiner wird einem treulosen Gott vertrauen, und was soll Gott mit einem treulosen Mann? Mit einer treulosen Frau? Was soll Gott mit einer treulosen Gemeinde?

Zur Treue gehört, dass sie angefochten wird. In solchen Momenten kann die Standfläche extrem schmal werden; man kann mit einem Mal sehr allein da stehen, bedrängt von Argumenten, so genannten Beweisen, Erfahrungen, Ängsten. Dass mich einer liebt – Gott oder ein Mensch – muss ich dann glauben. Treue und Glaube gehören zusammen.

Auch in der Beziehung mit Gott wird die Treue auf die Probe gestellt. Schon deswegen, weil Gott kein Callboy ist, dazu da, unsere Wünsche zu erfüllen. Hier geben uns die Texte dieses Sonntags eine klare, strenge Lektion. Gott schuldet dem Menschen keine Rechenschaft, der Mensch aber schuldet Gott Vertrauen. Und Gehorsam. Auch in dunklen Stunden. Mit anderen Worten: Wir schulden Gott Treue.

Treue ist auch hier, im Verhältnis zu Gott, manchmal ein blindes Trotzdem: „Trotzdem will ich Gott treu bleiben; trotz allem will ich weiter glauben!“ – Ohne den Lohn oder den Trost sofort zu erhalten. Deswegen beten Christen „Herr, stärke unseren Glauben!“

Wo der Raum so eng wird und die Atmosphäre so intensiv, wo der Glaube so existentiell wird, da ist die Frage entscheidend: Wer bin ich? Was sehe ich vom Leben und was nicht? Was nehme ich wahr in der Welt? Was lasse ich zu? Was erkenne ich im anderen? Das Beste? Oder das Schlechte? Was genau glaube ich?

Wenn ich sage: „Ich glaube! Ich halte durch! Ich bin meinem Gott treu (oder meinem Partner oder meinem Kind), wenn ich die Treue übe, jeden Tag, jeden Sonntag, dann bewahre ich damit mich selbst und das Netz, über dem ich leben kann. Treue und Identität gehören zusammen. Ohne die Treue verlieren wir den anderen – und uns selbst.

Gott treu sein, heißt (wir sehen es an den Jüngern) ins Wanken geraten, vielleicht schuldig werden, aber wieder zurückzufinden.

Gott – dieser Stand fürs Leben kann extrem schmal werden. Er ist aber auch extrem stabil. Was gibt es, objektiv, Stabileres als Gott?

Bleibt Gott in unserer Nähe? Ist Gott treu? Die Antwort kann nur zögerlich kommen, wenn man das Leben erfahren hat. Erkenntnis und Gefühl sagen nein. Der Glaube sagt ja.

Manchmal helfen die Verheißungen. Wie diese der heutigen Lesung: „Der Gerechte aber bleibt wegen seiner Treue am Leben.“ Manchmal hilft der Blick auf Jesus: In seinem leidenden Sohn bleibt Gott uns Leidenden nahe.

Das Leben ist eine Serie von Schritten nach vorn und Schritten zurück. Du möchtest eine Sache tun, aber bist gezwungen, etwas anderes zu tun. Etwas verletzt dich und zugleich weißt du, dass es das eigentlich nicht sollte. Du betrachtest bestimmte Dinge als selbstverständlich, obwohl du weißt, dass du nie etwas als selbstverständlich betrachten solltest. Eine dauernde Spannung von Gegensätzen. Ein Ringkampf. Und welche Seite gewinnt? Die Treue gewinnt. Die Liebe gewinnt immer.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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