Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Messe in der „Langen Nacht der Kirchen“, 29. Mai 2015 (Freitag der 8. Woche im Jahreskreis)

15/06/2015 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Die Lesung aus dem Alten Testament spricht von Dauer und Vergehen. Von Ordnung. Die stabile Ordnung von Gut und Böse, Strafe und Lohn, Zeit und Nicht-Zeit. Das Evangelium dieses Tages spricht von der Ordnung der Natur („es war nicht die Zeit der Feigenernte“), von der Ordnung des Herkommens und der Notwendigkeiten: Händler und Käufer im Heiligen Bezirk, im Tempel Gottes, – denn Menschen müssen ja von etwas leben und die Wirtschaft muss wachsen und die Konkurrenz kann nicht schlafen. „Da verfluchte er den Feigenbaum und sagte zu ihm: ‚In Ewigkeit soll keiner mehr eine Frucht von dir essen.’“ – „Und seine Jünger hörten es“ (Mk 11).

Der zornige Jesus. Der schwierige, selbstherrliche, respektlose Jesus. Tritt jeder Ordnung ans Schienbein. Voll. Jesus gegen die Ordnung unserer Erwartungen. Darf er das? Die Pharisäer stellen die richtige Frage. Ja, darf er das? Erlauben wir ihm das? Was, bitteschön, hätten wir diesem Mann zu erlauben?

Respektlos, hart, zornig, schwierig, herrlich… alles das ist Jesus. Und er ist auch das: der an der Totenbahre des Jünglings aus Nain. Der, der seinen Leuten die dreckigen Füße wäscht. Der, der sich von der Magdalena zärtlich salben lässt. Der, der heult am Grab seines Freundes Lazarus. Der, der erzählt vom verlorenen Sohn und dem wartenden Vater. Mich trifft diese Mischung immer wieder ins Herz. Und ich versuche, nicht zu vergessen, dass der, über den ich zu Ihnen rede, zuhört. Die Luft hier ist nicht jesusfrei.

Wenn Sie das nicht gleich verstehen, fragen Sie sich, wie das wäre. Wie wäre das, wenn Jesus nur artig wäre? Nur das Jesulein? Nur der Hirte im rosa Abendlicht? Welchen Einfluss hätte er rechtmäßig auf Ihr Leben? Auf erwachsene Frauen und Männer, die leben wollen und gut leben wollen? Die es richtig machen wollen? Die Zuneigung, die einen an Jesus bindet, ist begleitet von Fragen, Rätseln, Bangigkeit – und so großen Wünschen!

Jesus verflucht, er droht, er streitet… Und er gibt sich hin. Welcher Mann kann das schon? Jesus ist widersprüchlich. Köstlich. Bei Jesus ist so viel Niedrigkeit, Demut; er ist so einfach, so sanft – und er geht ein in die Herrlichkeit.

Man kann „Lange Nacht der Kirche“ organisieren und besuchen; man kann die Kultur der katholischen Kirche bewahren, zeigen und erklären; man kann Mitglied des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens sein und da Gutes tun, viel Gutes. Man kann alles machen, Schönes, Hilfreiches, Edles. Aber irgendwann bleibt nur noch diese Frage. Die letzte Frage, die Jesus Petrus stellt: Liebst du mich?

Gerade in diesem Evangelium – es ist ganz einfach das des Freitags in der achten Woche des Jahreskreises; es ist nicht ausgesucht für diesen Abend – gerade da zeigt sich Jesus in seiner ganzen Vielschichtigkeit und in seinem Anspruch. Jesus tritt als Besitzer auf, als Eigentümer, gleich ob über Feigenbäume oder Tempel. Er ist der Herr – und ganz gewiss nicht einer von den vielen Herren in dieser Welt. Er setzt sich über die Regeln weg, von denen wir meinen, sie hätten für alle Menschen zu gelten. Er entscheidet über Fruchtbarkeit und Verdorren. Er nimmt sich das Recht, ins Leben der anderen einzugreifen. Und sie „suchten nach einer Möglichkeit, ihn umzubringen, denn sie fürchteten ihn“. Zu Recht.

 

Die frömmsten Christen haben ihre Probleme mit seinen Forderungen. „Tut Gutes denen, die euch hassen“ – nicht nur böswilligen Menschen wird ein Wort wie dieses lästig sein oder lächerlich, so ganz unpassend für die wirklichen Situationen des Lebens. Gott ist zunächst einmal: unpassend, fremd, maßlos, nichts oder schrecklich. Erst wer das verstanden hat, kann ermessen, was es bedeutet, dass dieser Gott sich uns zuwendet. In Jesus aus Nazareth. Wunder aller Wunder.

 

Und sie „suchten nach einer Möglichkeit, ihn umzubringen“. – Jesus geht darauf nicht ein. „Als es Abend wurde, verließ Jesus mit seinen Jüngern die Stadt.“ Dort draußen vor der Stadt sagt er zu diesen Männern und Frauen: „Ihr müsst Glauben an Gott haben.“ Berge stürzenden Glauben. Mächtigen Glauben. Mächtig, weil Gott Anteil an sich gibt. Nur so kann der Segen über die Kranken in dieser Nacht geschehen.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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