Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Allerseelen 14

24/11/2014 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Allerseelen, das ist Dreierlei: Weitung des Horizontes, Schmerz und Hoffnung.

Allerseelen, das bedeutet zuerst: Da ist jemand. Nur wollen wir das nicht wirklich wissen. Unser Horizont ist ja längst zugestellt: so viele Menschen, so viele Leben, so viele Fragen. Und was das Leben nach dem Tod betrifft, die Frage: Was wird aus mir?, sind wir mehr Agnostiker als echte Gläubige. Wer sagt aus tiefer Überzeugung: Ich glaube an das ewige Leben? Die meisten sagen: Man kann es nicht wissen – leben wir weiter. Und so viele sind weder Gläubige noch Agnostiker, sondern Hoffnungslose: Nach dem Tod? Da kommt nichts mehr. So leben sie dann auch… Das Leben nach dem Tod – vom Jüngsten Gericht ganz zu schweigen – ist keine Hoffnung mehr. Allenfalls eine Frage. Oder längst abgetan. Die Armen Seelen erst recht. Wenn es sie überhaupt gibt: noch mehr Fremde, um die wir uns kümmern müssen. Gründe genug, sich das alles, Fragen, Glauben, Erkenntnis, Wissen vom Hals halten und einfach zu leben, irgendwie.

Das Fest Allerseelen erlaubt uns das nicht länger. Bewundernswerte Pädagogik des Glaubens! Er lehrt uns hinzusehen. Heute sehen wir: Da ist jemand. Da sind welche, an jenem Ort, in jenem Zustand, die uns brauchen. Die Kirche, das sind nicht nur wir hier. Die Kirche ist so weit! Sie ist die pilgernde Kirche – wir. Sie ist die leidende Kirche: die in der Läuterung (wie schön, dass man nicht mehr „Fegefeuer“ sagt!). Und da ist die triumphierende Kirche: der Himmel. Alle zusammen die „Gemeinschaft der Heiligen“, die wir im Credo bekennen. Gemeinschaft – also Verbundenheit. Und Solidarität. Denn sie zählen auf uns, dort. Es zählt jemand auf Sie! Wir haben Verantwortung für andere. Die Seelen in der Läuterung können nichts mehr für sich tun. Aber wir können! Beten, Buße, Hl. Messen, Ablässe – alles Zeichen dafür, dass Gott uns wirklich mitwirken lässt am Heil. Wir haben eine Aufgabe im großen Werk der Erlösung.

Allerseelen ist Hoffnung. Das ist das Zweite. Der Tag derer, für die es Hoffnung gibt. Die Menschen in der Läuterung wissen: Ich werde Gott schauen, im Himmel. Doch wann? Welcher Weg ist noch zurückzulegen? „Wie sehr verdammt uns unsere Schuld?“ (Dante).

Die Läuterung, das ist Gerechtigkeit. Ein wirklich böser Mensch (und es gibt wirklich böse Menschen) bereut ganz am Ende seines Lebens, im Moment des Todes, was er getan hat. Echte, tiefe Reue – und Gott vergibt ihm. Er wird nicht in die Hölle kommen. Darf er nun unbeschwert ins Paradies einziehen, sozusagen an seinen Opfern vorbei? Nein, erst muss zur Vergebung dazu auch Gerechtigkeit geschehen. Der Schmerz der Einsicht und Reue muss so tief sein, dass auch die Opfer dieses Menschen sagen können: Ja, nun ist es gut, Gott war gerecht und barmherzig. Dann erst steht diesem Menschen der Himmel offen.

Noch ein anderer Zugang. Das Leben ist nicht gerecht; wir alle wissen es längst. Uns hier in Westeuropa geht es gut; so vielen anderen Menschen geht es elend schlecht. Schuldig ist jeder in der einen oder anderen Weise. Ganz sicher waren die, denen es so schlecht geht in dieser Welt nicht böser als wir. Wo wird das ausgeglichen? In der Läuterung. Der Schmerz stellt die Einsicht wieder her, die Dankbarkeit und die Gemeinschaft unter den Menschen.

Dann wird der Vater uns allen, den Opfern und den geläuterten Tätern, den hier Geprüften und den erst dort Geprüften sagen: „Kommt zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“

Allerseelen, das ist Schmerz; dies war das Dritte. Der Tag derer, die Schmerzen leiden. Der Blick auf Christus am Kreuz lässt uns zumindest ahnen: Schmerz ist notwendig; es muss eine besondere Kraft in ihm sein.

Der bittere Schmerz der Reue ist die Strafe, also die Heilung meiner bösen Gedanken und Taten. Schmerz läutert. Er lehrt uns Unwichtiges von Wichtigem zu unterscheiden; er lehrt uns, dass wir zerbrechlich sind; macht uns demütig und dankbar. Schmerz bekehrt. Es ist, wie wenn Gott uns durchrütteln würde – weil es ja besser werden soll. Weil Gott uns etwas zutraut. Das ist der Schmerz der künftigen Heiligen.

Schmerz tragen wir für andere. Christen sind die großen Stellvertreter. Sie beten stellvertretend für andere und manchmal leiden sie stellvertretend für andere. Für die, die zu schwach sind, für die, die ausweichen, für die Ahnungslosen. Schmerz wird einsam getragen, führt aber in die Gemeinschaft hinein. Er bringt Menschen einander näher.

Schmerz bleibt nicht. Das Leiden geht vorüber. Allerseelen sagt uns: Es gibt Hoffnung im Schmerz. Es ist gut, weil es gut werden wird. Denn es leuchtet die Auferstehung.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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